„Halbwissen ist gefährlich“

Univ.-Prof. Dr. Karl Zwiauer, Mitglied des Nationalen Impfgremiums und Impfexperte der NÖ Landesgesundheitsagentur, über Impfmythen, die Omikron-Variante, die Impfpflicht und warum auch Kinder einen Schutz vor dem Virus brauchen.

Die Situation ähnelt der vom letzten Jahr. Volle Spitäler, Lockdown im Herbst. Wie lange wird das so weitergehen?

Vor einem Jahr hätte ich mir nicht gedacht, dass wir wieder an diesen Punkt gelangen. Ich will und kann keine Prognose abgeben. Mit der Impfung können wir zumindest eine Abschwächung der Problematik erreichen. Weltweit schaut‘s jedoch anders aus: Neue Varianten tauchen auf, nicht überall ist genug Impfstoff zur Verfügung – es ist weiterhin mit Unsicherheiten zu rechnen.


Die Hoffnung, die Pandemie könnte bald zu Ende sein, scheint zunehmend zu schwinden, Stichwort Omikron. Was weiß man bisher über diese Variante?

Die ersten Erfahrungen mit der Omikron-Variante in Südafrika legen nahe, dass sie äußerst ansteckend ist und in allen Teilen der Welt die derzeit vorherrschende Delta-Variante verdrängen wird. Ob sie zu schwereren Verläufen führt, ist derzeit noch nicht bekannt. Man weiß auch noch nicht, wie der neue Viren-Typ auf Impfstoffe reagiert. Ich gehe davon aus, dass sie auch bei Omikron vor einem lebensgefährlichen Krankheitsverlauf schützen, speziell bei Menschen, die eine Booster-Dosis bekommen haben bzw. für Genesene, die anschließend geimpft wurden. Diese beiden Gruppen haben eine sehr starke Immunantwort. 


Warum ist ein dritter Stich notwendig? 

Der dritte Stich, die sogenannte Booster-Impfung, ist wichtig, wirkungsvoll und notwendig. Zum Zeitpunkt, als die Impfstoffe zugelassen wurden, gab es die Delta-Variante noch nicht. Heute wissen wir, dass die Wirksamkeit nachlässt, da Delta infektiöser ist als Alpha. Und wir sehen auch, dass nicht alle Impfstoffe bei Delta gleich gut wirksam sind, bei den Impfstoffen von AstraZeneca und Johnson & Johnson kommt es häufiger zu Impfdurchbrüchen. Daher empfehlen wir beim dritten Stich die Kreuzimpfung, also ein Mixschema von mRNA- und Vektorimpfstoffen. Dann ist der Schutz wieder gegeben. Israel war uns hier voraus. Wir haben aus dessen Erfahrungen gelernt – und daher war Österreich auch eines der ersten Länder, das die dritte Impfung empfohlen hat. Sie wird im Übrigen sehr gut angenommen. Wir sehen bereits erste Absenkungen im Infektionsgeschehen. 


Muss man nun alle paar Monate zur Auffrischungsimpfung? 

Wir wissen von anderen Impfungen, dass eine Grundimmunisierung immer gut ist und schützt, zum Beispiel bei FSME oder Tetanus. Nach der dritten Impfung kann man von einem länger anhaltenden Schutz ausgehen. Allerdings wird es bei so vielen Covid-19-Infektionen immer wieder zu neuen Varianten kommen, die man neutralisieren muss. Die Impfstoffe werden daher angepasst werden müssen.

Univ.-Prof. Dr. Karl Zwiauer, Mitglied des Nationalen Impfgremiums und Impfexperte der NÖ Landesgesundheitsagentur

 

„Die Booster-Impfung ist wichtig, wirkungsvoll und notwendig.“


Text: Karin Schrammel | Foto: Philipp Monihart, ADOBE STOCK/ NEW AFRICA
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