Verhütung ist seine Sache

Carl Djarassi revolutionierte in den 1960er-Jahren das Leben von Frauen: mit der Erfindung der Pille. Nun wird an einer für Männer geforscht.

Schon die alten Ägypter praktizierten Empfängnisverhütung: mit einem Gemisch aus Krokodilkot, Honig und Calcium in der weiblichen Vagina. Im Mittelalter trugen Frauen ohne Babywunsch ein Strumpfband mit Hoden von Wieseln. Und Casanova empfahl in seinem Buch eine halbe Zitrone – als natürliches Diaphragma.


Vitamin A statt Hormonen

Heute existieren wirkungsvollere Methoden zur Empfängnisverhütung: Die Pille verhindert bei perfekter Anwendung eine ungewollte Schwangerschaft zu 99 Prozent. In Zukunft könnte es auch eine für den Mann geben, erklärt Universitätsprofessor Dr. Sharokh Shariat, Klinikleiter der Urologie an der Medizinischen Universität Wien am Allgemeinen Krankenhaus (AKH): „Die Pille für den Mann ist derzeit in Entwicklung und wird frühestens in fünf Jahren auf den Markt kommen. Erste Daten aus Tierstudien sind vielversprechend.“ Wissenschafterinnen und Wissenschafter aus den USA sprechen bereits von einem Durchbruch: dank des Mittels mit dem kryptischen Namen YCT529. Im Maus-Modell zeigte es nach einer vierwöchigen Verabreichung eine Wirksamkeit von 99 Prozent. Klinische Studien am Menschen sollen noch in diesem Jahr starten.

Univ.-Prof. Dr. Sharokh Shariat, Klinikleiter der Urologie an der Medizinischen Universität Wien am AKH

 

„Immer mehr Männer wollen Verantwortung übernehmen, auch in der Verhütung.“

Im Unterschied zur Pille für die Frau basiert jene für den Mann aber nicht auf Hormonen, sondern auf Vitamin A. Wie Forschende seit 90 Jahren wissen, spielt es bei der Spermatogenese – der Bildung männlicher Keimzellen – eine große Rolle. Aktuell ist sein Alpha-Rezeptor im Fokus: „Bei Mäusen wurde dieser Retin-Säure-Rezeptor durch die Pille komplett blockiert. Es fand keine Prokreation statt, also keine Zeugung. Die Spermienzahl war drastisch reduziert“, so der Urologe. Die Vorteile der nicht-hormonellen Pille liegen für den Experten auf der Hand: „Ihre Wirkung ist reversibel. Einige Wochen nach dem Absetzen waren die männlichen Mäuse wieder zeugungsfähig. Außerdem zeigt das Präparat keinerlei Nebenwirkungen, ist einfach zu verabreichen, hochwirksam und günstig in der Produktion.“


Text: Sandra Lobnig | Fotos: Felicitas Matern, Istockohoto/ S-S-S
Mehr zum Thema „Verhütung ist seine Sache” erfahren Sie in GESUND & LEBEN 06/22.

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