Wege aus der Social-Media-Falle
Der steigende Konsum von sozialen Medien verändert unser Gehirn. Depressionen, Empathielosigkeit oder Essstörungen nehmen rapide zu. Dagegen hilft nur eine bewusste Reduktion der Bildschirmzeit und mehr Achtsamkeit. Eine führende Expertin klärt auf.
Bis zu elf Stunden täglich. Das ist die Zeit, die wir hierzulande im Durchschnitt vor Bildschirmen verbringen: vor dem PC in der Arbeit, vor dem Tablett, vor dem Smartphone. Neben einer Flut an E-Mails, Chat-Nachrichten und News, die im Minutentakt über uns hereinbrechen, fällt ein großer Teil der Zeit, die wir online sind, auf die Nutzung von Social-Media-Kanälen wie Facebook, Instagram, Twitter, Snapchat und TikTok. In Österreich nutzten mehr als 7,25 Millionen Menschen diese digitalen Plattformen – und das für durchschnittlich eineinhalb Stunden täglich. Diese Zahlen liefert der „Digital 2022-Global Overview Report“ und beschreibt damit eine steigende Tendenz. Denn die Nutzung von sozialen Medien hat allein im Vergleich zum Vorjahr um rund zehn Prozent zugenommen. „Lock-Downs, Isolation, soziale Distanz, Arbeiten von zu Hause aus – all das hat unsere Sehnsucht nach Vernetzung noch verstärkt. Und genau mit diesem verlorenen Gemeinschaftsgefühl locken die Social-Media-Kanäle“, erläutert die renommierte Münchner Digital-Detox-Expertin Dr. Daniela Otto. „Vernetzung ist das Urprinzip des Lebens und prinzipiell etwas Gutes. Soziale Medien triggern diese Ursehnsucht nach Verbundenheit in uns und sie geben uns dieses unwiderstehliche Versprechen: ‚Du bist nicht allein‘“, so Otto, die zum Thema Vernetzung auch promovierte.
Digital Detox – so gelingt’s
Dr. Daniela Otto verrät zehn Tipps für Ihren Start in ein bewussteres Online-Leben.
Kaufen Sie sich einen Wecker! Neun von zehn Menschen starten ihren Tag mit dem Griff zum Handy – und laden sich dabei sofort den gesamten Stress der Welt auf. „Schalten Sie Ihr Handy nachts aus und verbannen Sie es aus dem Schlafzimmer“, rät Daniela Otto.
Bewusst online gehen „Warum gehe ich jetzt online und was ist mein Ziel?“, das seien die Fragen, die man sich vor dem Griff zum Smartphone stellen sollte. „Sobald Sie die gewünschte Information gefunden haben, gehen Sie wieder offline“, beschreibt die Expertin die Digital-Detox-Übung, die das Endlos-Scrollen unterbindet.
Handy allein zu Haus „Erledigen Sie zumindest kurze Wege ohne Handy und konzentrieren Sie sich dabei bewusst auf Ihre Umgebung, die Menschen und die Natur“, rät die Expertin. Und: „Steigern Sie die digitalen Auszeiten stetig!“
Selbstfürsorge im Fokus „Folgen Sie bewusst Kanälen, die sich auf Positives konzentrieren und vergegenwärtigen Sie sich stetig, dass es auf die Qualität von Followern ankommt, nicht auf die Quantität!“
Handyfreie Zone „Digital Detox goes Feng Shui: Richten Sie sich ein gemütliches Eck oder Zimmer zu Hause ein, in dem Handys und andere digitale Geräte keinen Zutritt haben. Nutzen Sie diese Offline-Zone als Ihren bewussten Rückzugsort!“
Die Seele braucht weniger Internet, das Internet mehr Seele „Wir konsumieren nicht nur, wir geben auch etwas“, so Otto. „Darum denken Sie bitte an Ihre Intention, bevor Sie etwas posten und fragen Sie sich nicht, wie viele Likes Sie erhalten werden, sondern wie Ihr Beitrag anderen helfen kann.“
Text: Claudia Sebunk | Fotos: iStock_ fcafotodigital, Patrick Wittmann
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