Wie Heilpflanzen gegen Krankheiten wirken
Aspirin aus Weidenrinde. Antidepressiva aus Johanniskraut. Hustensaft aus Schlüsselblumen. Und ein Abführmittel namens Aloe vera. Gegen viele Leiden ist ein Kraut gewachsen. Christine Reiler, Allgemeinmedizinerin mit Phytotherapie-Ausbildung, über die Möglichkeiten und Grenzen pflanzlicher Medizin.
Paracelsus wusste schon im 16. Jahrhundert: „Alle Wiesen und Matten, alle Berge und Hügel sind Apotheken.“ Er war einer der Urväter der Phytotherapie, der Pflanzenheilkunde. Heute wird das alte Wissen über die Wirkung spezieller Gewächse wiederentdeckt – analog zum Boom des Bio-Essens. Das Kräuterweiblein, das mit seinem Korb durch Feld und Flur zieht, bestimmt allerdings nicht mehr das Bild. Längst wächst Echinacea (Sonnenhut) auf weiten Feldern. Und Johanniskraut sowie Kamille werden maschinell vom Acker geerntet. Der kontrollierte Anbau von Heilpflanzen ist nicht nur rationell, er sichert auch eine gleichbleibende Qualität.
Altes Wissen, neu entdeckt
Auch die niederösterreichische Allgemeinmedizinerin Dr. Christine Reiler hat sich auf Pflanzenheilkunde spezialisiert: „Für einige Medikamente aus der Apotheke gibt es eine pflanzliche Alternative, nur ist dieses Wissen bei vielen Menschen verloren gegangen.“ Wer nimmt bei Bluthochdruck schon eine Tinktur aus Schlangenwurzel, Buschklee, Weißdorn und Gold-Mohn ein? Allerdings sind Pflanzenmittel – anders als chemische Präparate – keine Einzelstoffe mit klar definierter Struktur, sondern oft ein Cocktail aus Hunderten unterschiedlichen Molekülen. Die Vielstoffkombinationen stellen dem Organismus ein ganzes Arsenal von Abwehrmethoden zur Verfügung. Wie beim Essen nimmt sich der Körper, was er braucht.
Für GESUND & LEBEN öffnet Christine Reiler ihren grünen MEDIZINSCHRANK
Johanniskraut
Viele Studien belegen seine Wirkung gegen depressive Verstimmungen – als Stimmungs-Aufheller. Das grüne Antidepressivum funktioniert ähnlich wie die Geschwister aus der Apotheke: Es hemmt die Wiederaufnahme von Botenstoffen. Dafür verantwortlich ist das antibakterielle Hyperforin. Dank anderer Inhaltsstoffe wie Hypericin oder Flavonoiden – sie wirken antiviral und entzündungshemmend – wird Johanniskraut bei Schürfwunden, Sonnenbrand oder Verstauchungen eingesetzt. Vor allem als Tee aus seinen Blüten oder Rot-Öl: Hier werden die Blüten mit Öl übergossen und eine Weile stehen gelassen. Mit der Zeit entwickelt sich die charakteristische rote Farbe. Achtung: Bei Sonnenexposition der Haut wird die Tinktur phytotoxisch, also giftig.
Aloe vera
Ein Wundergewächs aus der Pflanzenwelt: Sie kommt in heißen und trockenen Gebieten vor und kann immense Wassermengen speichern. Aus dem Blattinneren wird das beliebte Aloe-vera-Gel gewonnen: zur Behandlung von Schürfwunden, Allergien, Insektenstichen und Sonnenbrand. Wer selbst Hand anlegen will: Die Haut der Pflanze schälen, bis das Blattmark zum Vorschein kommt. Letzteres auf die betroffenen Hautstellen auftragen. Aufgrund des Inhaltsstoffs Aloin wirkt Aloe vera außerdem als Abführmittel bei Verstopfungen.
Heidelbeeren
Das blaue Wunder – mit wohlschmeckenden Früchten und gesunden Inhaltsstoffen. Die Farbe in die Beere zaubern Anthocyane – der Volksmund nennt sie Anti-Aging-Booster. Außerdem hemmt die Blaubeere Bakterien, Pilze und Viren. Mit ihren Gerbstoffen heilt sie Entzündungen der Mund- oder Rachenschleimhaut. Ein Klassiker ist ihr Einsatz in getrockneter Form – bei Durchfallerkrankungen ein bis zwei Teelöffel täglich schlucken.
Text: Karin Lehner | Fotos: Harald Eisenberger, Adolf Blaim, iStock_OLHA POTYSIEVA; GW Cosmetics_Sara Katharina Hochmayr
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