Zuckerschock nach Corona

Von Covid-19 genesen, heißt nicht immer gesund. Aktuelle Studien zeigen, dass nach einer Erkrankung das Diabetes-Risiko um 40 Prozent steigt. Folgt nach Corona die Zuckerkrankheitswelle? Der Präsident der Österreichischen Diabetesgesellschaft klärt in GESUND & LEBEN auf.

 
 

Endlich. Nach der Corona-Erkrankung klingen die Symptome ab – es geht wieder aufwärts. Wer mag da an Spätfolgen denken?! Leider ist die Liste möglicher Nachwirkungen nun um ein Leiden länger geworden: Diabetes.

Dass Menschen mit der Zuckerstoffwechselstörung, die an Corona erkranken, ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe haben, war bereits kurz nach Pandemie-Beginn klar. Das österreichische Covid-19-Diabetesregister vermerkt bei 24,4 Prozent der an Corona verstorbenen Personen, dass sie an Diabetes erkrankt waren. 75,6 Prozent hatten die Diagnose Diabetes Typ 2. Diese Form macht den Großteil aller heimischen Fälle aus und ist erworben – im Unterschied zur Autoimmunerkrankung Diabetes Typ 1. Auch Primar und Universitätsprofessor Dr. Martin Clodi, Präsident der Österreichischen Diabetesgesellschaft und Vorstand der Internen Abteilung (mit Intensiv- und Notfallmedizin, Gastroenterologie, Diabetologie und Rheumatologie) des Allgemeinen öffentlichen Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Linz, sieht ein erhöhtes Risiko für Menschen mit Diabetes: „Kommt es zu einer Infektion mit SARS-CoV-2, liegt in Abhängigkeit weiterer Risikofaktoren wie Übergewicht, Bluthochdruck und dem Langzeitzuckerwert HbA1c eine Hochrisikosituation vor, die unbedingt beachtet werden muss.“

Univ.-Prof. Primar Dr. Martin Clodi, Präsident der Österreichischen Diabetesgesellschaft und Vorstand der Internen Abteilung des Allgemeinen öffentlichen Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, Linz

 

„KOMMT ES ZU EINER INFEKTION MIT SARS-COV-2, LIEGT IN ABHÄNGIGKEIT WEITERER RISIKOFAKTOREN WIE ÜBERGEWICHT, BLUTHOCHDRUCK UND DEM LANGZEITZUCKERWERT HBA1C EINE HOCHRISIKOSITUATION VOR, DIE UNBEDINGT BEACHTET WERDEN MUSS.“


„Folgeschäden inklusive Diabetes“

Aktuelle Untersuchungen zeigen nun aber: Auch nach einer Corona-Infektion steigt die Gefahr, an Diabetes zu erkranken. Laut einer großen amerikanischen Kohorten-Studie, die im renommierten Magazin „Lancet Diabetes & Endocrinology” veröffentlicht wurde, sogar deutlich: um 40 Prozent. Und das auch bei milden Verläufen. Dennoch ist die Datenlage noch immer dünn. Selbst Expertinnen und Experten wissen nicht, was den Anstieg an Diabetes-Erkrankungen auslöst. Clodi: „Die Mechanismen hinter dem deutlich gesteigerten Diabetes-Risiko nach einer Covid-19-Infektion sind letztlich nicht eindeutig geklärt und aktuell Gegenstand von Untersuchungen. Derzeit wird ein Zusammenhang mit dem Angiotensin-Converting-Enzym-2-Rezeptor-Protein untersucht, das im Bereich der Bauchspeicheldrüse vorkommt. Diese Proteine sind für den Eintritt von Coronaviren in die menschlichen Zellen notwendig“, analysiert der Experte. „Kleinere Studien dokumentieren, dass SARS-CoV-2 die Betazellen direkt infizieren kann. Auch weitere Mechanismen wie ein überaktives Immunsystem, die Modulation der T-Zellen und eine latent subklinische Entzündungsreaktion werden derzeit diskutiert.“


Text: Karin Lehner | Fotos: istock_majivecka; Privat
Mehr zum Thema „Zuckerschock nach Corona” erfahren Sie in GESUND & LEBEN 06/22.

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