Unter DRUCK

„Ich habe keine Beschwerden, deshalb ist mein Blutdruck in Ordnung“, „Das haben doch nur Männer“ oder „Im Alter ist erhöhter Blutdruck nicht so schlimm“ – wenn es um Hypertonie geht, so der medizinische Fachbegriff, halten sich diese und andere Mythen leider beständig. GESUND & LEBEN schafft Klarheit!

Wussten Sie, dass Bluthochdruck weltweit als Todesursache Nummer 1 gilt? Schließlich führt der dauerhaft erhöhte Druck in den Gefäßen unbehandelt zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Aortenaneurysma. Aber auch Impotenz, Nierenversagen oder vaskuläre Demenz können die langfristige Folge von Hypertonie – so der medizinische Fachbegriff für Bluthochdruck – sein.  Allein in Österreich ist rund ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung von Bluthochdruck betroffen, weltweit sind es laut der Fachzeitschrift „The Lancet“ mindestens 1,1 Milliarden Menschen. Die Dunkelziffer ist aber vermutlich höher, denn: Bluthochdruck verläuft über lange Zeit ohne Anzeichen und ist oft nicht zu spüren. „Es ist daher sehr wichtig, seine eigenen Werte zu kennen, sie regelmäßig zu kontrollieren und auch leichten Bluthochdruck schon frühzeitig zu behandeln“, betont Univ.-Prof. PD Dr. Thomas Weiss, Facharzt für innere Medizin, Kardiologie und internistische Intensivmedizin. Für GESUND & LEBEN überprüft der Mediziner die gängigsten Mythen rund um diese Erkrankung.

 

Univ.-Prof. PD Dr. Thomas Weiss, PhD FESC (European Society of Cardiology), Facharzt für innere Medizin, Kardiologie und Internistische intensivmedizin, Wien

 


Von Bluthochdruck sind nur Männer betroffen —> FALSCH

„Bluthochdruck ist keine Männersache. Das belegen auch die Zahlen unserer aktuellen Studie“, so Weiss. „Wir haben den Blutdruck von Kundinnen und Kunden eines Friseurs in Hernals gemessen und festgestellt, dass 65 Prozent aller Teilnehmenden Bluthochdruck hatten. Der Unterschied zwischen Frauen und Männern war dabei nicht signifikant.“
Vor allem ab einem Alter von 50 Jahren steigt das Risiko für Frauen, Bluthochdruck zu entwickeln. Dabei spielt auch das Zusammenspiel der Hormone im weiblichen Körper während der Wechseljahre eine Rolle. Wie Daten des Robert-Koch-Instituts belegen, überholen Frauen in der Altersgruppe 60 bis 69 die Männer sogar: Rund 55 Prozent sind hier von Hypertonie betroffen, bei den Männern sind es rund 52 Prozent.


Wenn ich keine Beschwerden habe, ist mein Blutdruck in Ordnung —> FALSCH

„Das ist leider ein Irrglaube“, betont der Arzt. „Auch in unserer Studie hat sich gezeigt, dass von den 65 Prozent der von Bluthochdruck Betroffenen 63 Prozent nicht davon wussten und sogar drei Viertel nicht in ärztlicher Behandlung waren.“ Nicht umsonst werde Hypertonie im Englischen als Silent Killer – stiller Mörder – bezeichnet, so der Internist. „Bluthochdruck entwickelt sich oft schleichend und unbemerkt. Häufig ist das erste Symptom eines zu hohen Blutdrucks dann der Schlaganfall. Folgen von unbehandelter Hypertonie können aber auch Nierenversagen, Herzinfarkt, Demenz oder Erektionsstörungen sein“, warnt Weiss. Daher sei es besonders wichtig, den eigenen Blutdruck zu kennen und regelmäßig zu kontrollieren.


Wer Bluthochdruck hat, muss auf Kaffee und Salz verzichten —> STIMMT TEILWEISE

„Bei Kaffee stimmt das nicht, den kann man ruhig trinken, wobei natürlich die Dosis das Gift macht“, so der Experte. Drei bis vier Tassen pro Tag seien jedoch unbedenklich. „Der Salzkonsum hat hingegen schon eine Auswirkung auf den Blutdruck.“ Salz bindet Wasser im Körper und erhöht dadurch das Volumen des Blutes. Die Folge: Der Druck in den Gefäßen wächst und der Blutdruck klettert nach oben. „Nur Salz alleine zu reduzieren, ist allerdings zu wenig. Es geht um eine allgemeine Ernährungsumstellung“, betont Weiss. „Bei einer gesunden Ernährungsweise nehme ich automatisch weniger Salz zu mir.“

 
 

Text: Claudia Sebunk | Fotos: istock_yodiyim; Interfoto
Mehr zum Thema „Unter Druck” und weitere Mythen erfahren Sie in GESUND & LEBEN 06/22.

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