Darmkrebs wird jünger

Darmkrebs zählt in Österreich zur dritthäufigsten Krebserkrankung und wird immer häufiger auch bei Menschen unter 50 Jahren diagnostiziert. Woran liegt das? Auf welche Warnzeichen sollte man achten? Wie kann ein gesunder Lebensstil das Risiko einer Erkrankung senken? Und warum kann regelmäßige Vorsorge Leben retten?

Er entwickelt sich langsam, macht sich häufig erst spät bemerkbar und sorgt in Österreich für rund 2.000 Todesfälle pro Jahr: Darmkrebs ist hierzulande die dritthäufigste Krebserkrankung, pro Jahr erhalten rund 4.500 Menschen diese Diagnose. Als einer der Risikofaktoren galt bisher das Alter, denn Darmkrebs wird zum Großteil bei Personen ab dem 50. Lebensjahr festgestellt. Aktuelle Zahlen belegen jedoch, dass immer häufiger auch junge Menschen betroffen sind. „In den USA wird erwartet, dass heuer rund 13 Prozent der Kolon- und Rektumkarzinome, also der Dickdarm- und Mastdarm-Krebsfälle, bei unter 50-Jährigen festgestellt werden“, erläutert Univ.-Prof. Dr. Michael Bergmann, leitender Oberarzt im kolorektalen Team an der Medizinischen Universität Wien. „Wir vermuten, dass sich diese Entwicklung fortsetzt und dass in den USA im Jahr 2030 35 Prozent aller Mastdarmtumore diese junge Altersgruppe betreffen wird.“ Eine alarmierende Tendenz, die auch in Europa beobachtbar ist:  Laut einer Studie, die im Fachmagazin „Nature reviews clinical oncology“ veröffentlicht wurde, hat sich die Zahl der Kolonkarzinom-Fälle bei 20- bis 29-Jährigen zwischen 1990 und 2016 von 0,8 Prozent auf 2,3 Prozent verdreifacht. „Österreich ist ebenfalls von dieser Entwicklung betroffen“, sagt Bergmann. „Laut Zahlen meiner gastroenterologischen Kollegin, Vorsorge­expertin Univ.-Prof. Dr. Monika Ferlitsch, ist die Inzidenz von Darmkrebs, also die Häufigkeit einer Neuerkrankung in einem Jahr, bei unter 50-jährigen Männern zwischen 1988 und 2018 um rund zehn Prozent gestiegen.“

Univ.-Prof. Dr. Michael Bergmann, Abteilung für Viszeralchirurgie, Comprehensive Cancer Center, Medizinische Universität Wien

 

„Wir haben Daten, die belegen, dass jüngere Menschen mit Anzeichen wie Blut im Stuhl durchschnittlich bereits drei Monate gewartet haben, bevor ein Kolonkarzinom als Grund in Erwägung gezogen wird.“

 

Früh erkennen, gezielt behandeln

Innovationen wie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei der Diagnose, OP-Roboter, Immuntherapien und zielgerichtete Therapien mit Antikörpern sorgen für verbesserte Heilungschancen bei Darmkrebs.

Künstliche Intelligenz erkennt Krebsgefahr

Bei Koloskopien kann auch Künstliche Intelligenz unterstützend zum
Einsatz kommen. Die derzeit im Erprobungsstadium befindliche Software weist die behandelnden Ärztinnen und Ärzte auch auf unter ein Zentimeter große Polypen hin und unterstützt bei der Einstufung der Krebsgefahr.

Revolution Immuntherapie

Bei der Immuntherapie stimuliert eine Infusion das Immunsystem gezielt, sodass es den Tumor aus eigener Kraft besiegt. Dabei greifen sogenannte Checkpoint-Inhibitoren in die Steuerung der Immunantwort gegen die Krebszellen ein. „Besonders bei erblich vorbelasteten Darmkrebs-Patientinnen und -Patienten mit Mikrosatelliteninstabilität erzielt diese Behandlung extrem große Erfolge“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Michael Bergmann. So wird die Schwäche der Zellen genannt, Schäden in der Erbsubstanz zu reparieren.

Zielgerichtete Therapien

Therapien wirken auf unterschiedliche Weise. Sie hemmen im Tumor die Neubildung von Blutgefäßen und lassen die Krebszellen auf diese Art verhungern, docken an Rezeptoren auf den Tumorzellen an, um Mechanismen zu hemmen, die das Wachstum steuern – der Krebs kann sich dann nicht mehr weiter ausbreiten – oder hemmen gezielt Signalwege, welche Tumorzellen zum Wachstum benötigen. Dies benötigt allerdings auch eine gezielte molekular-pathologische Aufarbeitung der Tumore. „Neben den bereits in der Routine eingesetzten zielgerichteten Therapien betreiben wir viel Forschung auf dem Gebiet der personalisierten Medizin: Wir setzen Teile von Tumoren, die wir operativ resezieren, im Labor als Avatare ein, und testen dann potenziell einsatzbare Medikamente an diesen Avataren aus“, so Bergmann. So soll in Zukunft die Therapie immer personalisierter werden und sich nach der Biologie des Tumors und der Situation der Patientinnen und Patienten richten.

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Text: Claudia Sebunk | Fotos: iStock_DrAfter123; beigestellt
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