Bittersüße Lügen

Lügen sind ebenso verpönt wie eine allgemein akzeptierte Form der gesellschaftlichen Verständigung. GESUND & LEBEN nimmt die schillernde Welt der Lügen genauer unter die Lupe.

So verlockend und bequem sie in manchen Situationen ist, so haftet ihr doch ein negativer Beigeschmack an. Die Verwerflichkeit der Lüge spiegelt sich im achten Gebot ebenso wider wie in der erzieherischen Ermahnung, nicht zu lügen, die oft mit der Androhung von Strafen verbunden ist. Das Sprichwort: „Lügen haben kurze Beine!“ warnt vor der drohenden Entlarvung und Bloßstellung. Kurzum: Die Lüge hat einen schlechten Ruf und ist seit jeher verpönt. Dennoch ist sie Teil des Alltags und aus dem sozialen Zusammenleben nicht wegzudenken. Die Situationen, in denen geflunkert wird, sind vielfältig. Die gängigste Form der Lüge ist wohl die Antwort: „Danke, gut!“ auf die höfliche Frage: „Wie geht es Ihnen?“, oder: „Hat das Essen geschmeckt?“. Ebenso wird der Freundin, die wissen will, wie die neue Frisur gefällt, nicht mitgeteilt, wie schrecklich man die neue Haartracht findet. „Ganz ohne Lüge kommen wir nicht aus“, meint die Psychologin Mag. Natalia Ölsböck. „Man ist freundlich und wohlwollend statt ehrlich. Solche bewussten Falschaussagen sind beziehungsförderlich und dienen dem friedlichen Miteinander. Prosoziale Lügen fördern unseren Zusammenhalt und das Gelingen von Beziehungen. Wir sind soziale Wesen und brauchen andere für unser Gedeihen und Überleben. Daher ist das Zusammenleben ohne Lügen kaum möglich.“

WEITERLESEN im ePaper!


INTERVIEW: „Nicht alles ist schwarz oder weiß“

 

Mag. Natalia Ölsböck, Psychologin, Wirtschaft- und Kommunikationstrainerin

 

Welche Bedeutung hat die Lüge in der Psychologie?

In der psychologischen Forschung spielen bei der Definition einer Lüge drei Aspekte eine Rolle. Erstens: Es werden bewusst und wissentlich unwahre Zusammenhänge kommuniziert, das heißt, es gibt einen bewussten Entschluss zur Unwahrheit. Zweitens: Es gibt eine klare Differenz zwischen Sachverhalt und Darstellung. Drittens: Der Empfänger erhält vorher keine Ankündigung und kann somit kein Einverständnis geben. Eine Lüge ist somit eine bewusste Falschaussage, die eine gute oder böse Absicht verfolgt. Lügen können einerseits anderen großen Schaden zufügen und andererseits auch sehr förderlich für das Selbst, den Selbstwert und unser Sozialleben sein.

Welche Motive werden verfolgt?

Destruktive, schwarze Lügen werden bewusst zum eigenen Vorteil und zum Nachteil anderer eingesetzt, etwa wenn in der Politik oder im Geschäftsleben über das Internet Falschaussagen verbreitet werden, die anderen schaden. Bei konstruktiven, weißen Lügen ist es umgekehrt. Sie werden in guter Absicht ausgesprochen, weil man die Gefühle anderer nicht verletzen möchte. Doch ist nicht alles eindeutig schwarz oder weiß. Beispielsweise, wenn ein Kind etwas unabsichtlich kaputt gemacht hat und behauptet: „Ich war das nicht“, geschieht das nicht mit böser Absicht. Eine Lüge kann auch zum Schutz des eigenen Selbst oder Selbstwerts geschehen. Außerdem muss die Fähigkeit zu lügen erst einmal erlernt werden. Kinder beginnen in der Regel erst ab dem vierten Lebensjahr, die Unwahrheit zu sagen. Dabei spielen das soziale Umfeld und die Erziehung eine große Rolle, warum das Kind lügt und ob es eher zum Selbstzweck oder altruistisch, also prosozial, lügt.

WEITERLESEN im ePaper!


Text: Jacqueline Kacetl⎪Fotos: iStock_Vpanteon; Martin Toeltsch

 

Hier NEWSLETTER bestellen

〰️

Hier NEWSLETTER bestellen 〰️

Zurück
Zurück

Dampfende Gefahr

Weiter
Weiter

Welcher Frühlings-Boost tut Ihnen gut?