Blindes Verständnis

Eine ganze Familie lebt für den Skisport. Mit Veronika, Barbara und Johannes sowie Guide Lisi Aigner gehören gleich vier Geschwister dem österreichischen Para Ski-Nationalteam an.

Bereits in jungen Jahren träumen viele Kinder davon, was sie später einmal werden wollen. Pilot, Feuerwehrmann, Ärztin, Lehrerin oder Fußballer stehen hier ganz hoch im Kurs. Die Kinder der Familie Aigner aus Gloggnitz träumen hingegen schon früh von einer Karriere im Skisport. Doch woher kommt diese Leidenschaft für den Wintersport? „Von meinem Mann und mir mit Sicherheit nicht. Aufgrund der Nähe zu den Bergen besuchten unsere beiden ältesten Töchter Lisi und Irmi in den Ferien einen Skikurs. Am Semmering bekamen sie dann im Volksschulalter mit, dass es in Lilienfeld eine Skihauptschule gibt. Von nun an war für sie klar, dass sie dort unbedingt hinwollen“, schmunzelt Mama Petra Aigner. Um dieses Ziel zu erreichen, schließen sich die beiden dem Wintersportverein Semmering an und trainieren viel mit ihrem eigenen Trainer.
Veronika kommt als drittes Kind der Familie Aigner zur Welt. Kurz nach der Geburt wird ein angeborener Grauer Star diagnostiziert. Nach einer ersten Operation werden ihr im Alter von 14 Monaten Kunstlinsen implantiert. Doch nach einem Jahr ohne Sehtraining nimmt der Nerv großen Schaden, der nicht mehr zu beheben ist. Veronika lässt sich von dieser Beeinträchtigung nicht aufhalten. Bereits im Alter von 22 Monaten steht sie erstmals auf Skiern und kurze Zeit darauf bezwingt sie alleine den Hirschenkogel am Semmering. Bei Kinderrennen feiert sie trotz ihrer Einschränkung zahlreiche Podestplätze. Da sich ihr Sehvermögen weiter verringert und die Geschwindigkeit immer höher wird, kann sie mit der Zeit keine Rennen mehr eigenständig absolvieren. Damit Vroni ihr größtes Hobby weiterhin ausüben kann, muss also ein Begleiter her. Anfangs ist sie mit ihrer Schwester Irmi unterwegs, ehe diese von Schwester Lisi abgelöst wird. Die ersten Europacup- und Weltcupsiege lassen nicht lange auf sich warten und eine Erfolgsgeschichte nimmt ihren Lauf. Den gleichen Weg schlagen dann auch ihre beiden jüngeren Geschwister ein.
Die Zwillinge Barbara und Johannes sind ebenfalls sehbehindert und schaffen in der letzten Saison den Durchbruch im alpinen Paraskisport. Im Alter von 15 Jahren feiern sie in Saalbach innerhalb von zwei Tagen jeweils ihren ersten Weltcupsieg.


Text: Werner Schrittwieser | Foto: Luc Percival
Mehr zum Thema „Blindes Verständnis“ erfahren Sie in GESUND & LEBEN 11/21.

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