Regional statt radikal

Seit der Jahrtausendwende hat sich in Sachen Ernährung viel getan. Während sich manche Diäten nicht durchsetzen konnten, wurde Altbewährtes wieder neu interpretiert.

Von Functional bis Fast Food, von Convenience bis Light – so oder ähnlich hätte eine Headline lauten können, als GESUND & LEBEN vor 15 Jahren das erste Mal erschienen ist. Mitte der 2000er-Jahre lagen unter anderem Lebensmittel, die einen besonderen Nutzen für die Gesundheit versprochen haben, voll im Trend. 15 Jahre später gibt es zwar nach wie vor Nahrungsmittel mit zugesetzten und als besonders gesund beworbenen Inhaltstoffen. Mittlerweile aber scheint man sich wieder auf von Natur aus gesunde Inhaltsstoffe zu besinnen, wie die seit rund fünf Jahren immer beliebter werdende Ernährungsphilosophie Clean Eating verdeutlicht. Dabei wird ausschließlich zu vollwertigen, frischen und naturbelassenen Lebensmitteln gegriffen: möglichst regionales Gemüse und Obst, Salate und Hülsenfrüchte, Fisch, Fleisch in Maßen, Vollkornprodukte, hochwertige Fette, Nüsse und Milchprodukte. Zucker, Salz, Weißmehl und Frittiertes werden weitestgehend vermieden.

Altbewährtes neu interpretiert

Die „Zutatenliste“ von Clean Eating erinnert an jene der Mittelmeerdiät, die bereits in den 1980er Jahren für Furore sorgte und mittlerweile von der WHO als gesunder und nachhaltiger Ernährungsplan anerkannt wird. Auch die Ernährungswissenschaftlerin Dr. Claudia Nichterl sieht darin eine gesunde Ernährungsweise – bis auf den Fischkonsum: „Die Überfischung der Weltmeere und die Schwermetallbelastung von Salzwasserfischen sind als problematisch zu betrachten.“ Nicht nur aus diesem Grund wäre es ratsam, auf heimische Süßwasserfische zu setzen bzw. generell einen regionalen Ansatz zu verfolgen – womit man im Prinzip bei einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Vollwertkost wäre. Oder um es in Nichterls Worten zu sagen: „Alter Wein in neuen Schläuchen. Es gab und gibt immer wieder Trends, schlussendlich aber funktioniert doch das Altbewährte – ob man es nun Mittelmeerdiät, Clean Eating oder ausgewogen nennt. Sehr ähnlich sind übrigens auch die 5-Elemente-Ernährung der Traditionellen Chinesischen Medizin oder die ayurvedische Küche. Beide Ernährungsformen gibt es seit vielen Jahrtausenden, sie sind bei uns aber erst in den letzten Jahren so richtig bekannt geworden.“
In gewisser Weise totgelaufen haben sich Modediäten, die gefühlt jeden Monat meist aus den USA zu uns „herübergeschwappt“ sind: Von Trennkost über Basenfasten bis zu unterschiedlichen Low-Carb-Diäten wie Atkins oder Paleo, bei der man auf die in der Steinzeit vermeintlich verfügbaren Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Gemüse, Obst sowie Nüsse setzt und auf andere Lebensmittel, vor allem Getreide, Hülsenfrüchte, Zucker oder Milch und Milchprodukte komplett verzichtet. Freilich kann man mit derart extremen Ernährungsformen mitunter schnell ein paar Kilos verlieren. Jedoch folgt danach meist der Jojo-Effekt, wodurch die hart „erhungerte“ Bikinifigur wieder verschwindet.

Dr. Claudia Nichterl,
Ernährungswissenschaftlerin

 

Blitzdiäten finden immer weniger Anhänger, weil die Ernährungswissenschaft an Bedeutung gewinnt.


Text: Christiane Mähr | Foto: iStockphoto / Anna Shepulova, Klaus Ranger Fotografie
Mehr zum Thema „Regional statt radikal“ erfahren Sie in GESUND & LEBEN 11/21.

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