Wildes Kraut

Wildkräuter schmecken nicht nur vorzüglich, sondern versorgen uns auch mit wertvollen Inhaltsstoffen.

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Bärlauch, Giersch, Schafgarbe, Spitzwegerich, Vogelmiere: essbare Wildkräuter, die ziemlich gut schmecken und noch dazu gesund sind. Sie wachsen am Wegesrand, unter Hecken oder auf Wiesen.
Je wärmer es wird, desto größer ist die Vielfalt. Mit kleinen Ausnahmen, weiß Gerda Stocker: „Das Scharbockskraut beginnt im April zu blühen, dann sollte man es nicht mehr essen, da es wegen des steigenden Gehalts an Alkaloiden nicht mehr genießbar ist.“ Daran erfreuen kann sich dann nur noch unser Auge, denn die gelben Scharbockskraut-Teppiche sind wunderschön anzuschauen. „Auch der Huflattich verblüht, sobald es wärmer wird“, weiß die zertifizierte Kräuterpädagogin. Gerda Stocker kocht leidenschaftlich gerne mit frischen, saisonalen und regionalen Produkten, die sie mit Wildkräutern und Wildfrüchten verfeinert. In Kirchschlag in der Buckligen Welt betreibt sie ein Wirtshaus, das seit 1930 in Familienbesitz ist. Dort zaubert sie Köstlichkeiten mit allem, was rund ums Wirtshaus wächst: „Wildkräuter finde ich einfach faszinierend, sie sind so robust und haben viele Inhaltsstoffe.“ Jede ihrer Speisen punktet mit viel Geschmack und gesundem Kräuterallerlei. 

Kräutertipps

Wenn sie beginnt, über ihre Leidenschaft zu sprechen, sprudelt es richtig aus der Kräuterexpertin heraus: „Giersch verwende ich gern für Suppen und Aufläufe, er schmeckt ähnlich wie Petersilie. Spitzwegerich ist gut gegen Husten. Und besonders vielseitig ist der Löwenzahn.“ Gerda Stocker trinkt gern Löwenzahnkaffee. Dafür karamellisiert sie getrocknete Löwenzahnwurzeln in der Pfanne, gießt sie mit Wasser auf, lässt sie kurz köcheln – fertig ist das aromatische Getränk. Löwenzahnblüten, die noch geschlossen sind, legt sie in Chili, Pfeffer oder Salz ein, füllt das mit Apfelessig auf, lässt es im Kühlschrank drei bis vier Wochen ziehen. „Ein wunderbarer Kapernersatz“, schwärmt sie. Blüht der Löwenzahn, schneidet sie mit einer Schere die gelben Fäden ab, kocht einen Liter Wasser auf, gibt die gelben Fäden hinein und lässt alles einen Tag lang stehen. Dann mit Zucker oder Honig einkochen, bis es etwas dicklich wird. Damit verfeinert Gerda Stocker ihre Desserts, süßt Tee oder eine erfrischende Bowle.

Ihr Lieblingskraut ist die Gundelrebe. Man sollte sie immer frisch verwenden, rät sie. „Die Gundelrebe ist besonders aromatisch und passt in würzige Speisen wie zu Lamm und Fisch oder in pikante Strudel. Oder die süße Variante: Ich bepinsle die Blätter mit Schokolade und dekoriere Süßspeisen damit.“ Ein Augen- und ein Gaumenschmaus.

Geballtes Wissen

Sogar zum Frühstück kommen bei ihr Kräuter ins Häferl: Sie hackt die Blätter des Löwenzahns, der Schafgarbe oder des Spitzwegerichs klein, mixt sie mit Butter- oder Hafermilch und Obst je nach Saison. Fertig ist ein bekömmlicher Frühstücksdrink. Gerda Stocker hat noch viele weitere Tipps parat, etwa für Pesto: Bärlauch oder anderes Wildkraut klein hacken, mit Öl, heimischem Käse (z. B. Hartkäse) und Nüssen mixen. Salzen – fertig. Auch Kräuterbutter kann man ganz leicht selber herstellen: Bärlauch (auch die Knospen) klein hacken. Butter schaumig rühren, Bärlauch untermengen, salzen. In Klarsichtfolie einwickeln, in den Kühlschrank legen oder einfrieren. 

Mangelnde Kreativität kann man der Wirtin nicht vorwerfen, mit viel Liebe macht sie alles selbst. Angefangen vom Hollersaft und Waldmeistersirup über Haustee und Kräuterlimonade bis hin zu Wildkräuternudeln, Marmeladen, Chutney und vielem mehr. Sie verrät eine weitere ihrer Spezialitäten: Wipflerhonig. So funktioniert‘s: „Die unterste und oberste Schickt sollte aus Honig bestehen. Dazwischen schichte ich Fichten- oder Tannenwipferl, nur die zarten Triebe nehmen. Einige Wochen an einem dunklen Platz stehen lassen (keine pralle Sonne). Abseihen und genießen.“

Wipferlhonig

Wipferlhonig

Für das hauseigene Kräuteröl vermischt sie einen Viertelliter Öl (z. B. Sonnenblumenöl) mit zwei Esslöffeln gehackter Kräuter und lässt es für zwei bis drei Wochen an einem schattigen, warmen Platz ziehen. Danach abseihen. Gerda Stocker verfeinert damit Salate und pikante Gerichte. 

Das Beste an Gerda Stockers Tipps: Sie sind ganz leicht nachzumachen. Ihr geballtes Kräuterwissen gibt sie gern weiter: Sie bietet Kräuter-Workshops und -Wanderungen an. Seit kurzem ist sie auch auf Youtube zu finden, wo sie viel über Wildkräuter und Wildfrüchte erzählt – wie man sie richtig sammelt, wann sie zu ernten sind, wie man sie haltbar macht und am besten verarbeitet. Denn sie will möglichst viele Menschen von ihren wilden Schätzen überzeugen.

Kräutersalz wird aromatischer, wenn man frische Kräuter verwendet.

— Kräuterwirtin Gerda Stocker


Text: Karin Schrammel | Foto: Unsplash.com, Katharina Gossow
Dieser Beitrag erschien in GESUND & LEBEN 04/21.

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