Raffinierter Parasit
Er ist nicht besonders intelligent, doch äußerst anpassungsfähig: Die Rede ist von Toxoplasma gondii, dem am weitesten verbreiteten Parasit.
Halbgare Beefsteaks, Rohwurst oder Beef Tatar: Einer der ältesten Parasiten, Toxoplasma gondii, ist ein durchtriebener Einzeller, der sich in die menschliche Nahrungskette einschleicht und vom Menschen am häufigsten über rohes oder nicht ausreichend gegartes Fleisch aufgenommen wird.
Toxoplasma gondii kann die weltweit häufigste Infektionskrankheit, die Toxoplasmose, verursachen. Etwa ein Drittel der Menschen sind von diesem Parasiten befallen. Das ist allerdings nicht weiter besorgniserregend, denn eine Infektion verläuft bei Gesunden durchwegs symptomlos. Die gute Nachricht: Hat man sich einmal infiziert, liegt eine lebenslange Immunität vor. Die schlechte Nachricht: Infizieren sich Schwangere mit dem Erreger, kann das für das Ungeborene gefährlich sein und zu Erkrankungen des Gehirns und der Augen führen. Auch für Menschen mit Immunerkankungen wie Aids oder für Organtransplantierte ist Vorsicht geboten.
Neues aus der Forschung
Für Menschen: Dr. Ashwani Sharma und Dr. Natacha Gaillard vom Schweizer Paul-Scherrer-Institut haben im Vorjahr eine Studie veröffentlicht, die zeigt, dass es einen Wirkstoff gegen den Parasiten Toxoplasma gondii gibt. Demnach brauchen die Erreger von Toxoplasmose oder der Malaria den Eiweißstoff Tubulin zur Zellteilung. Dieses Prinzip ist bereits aus der Tumorforschung bekannt: Im Zuge einer Chemotherapie wird der Eiweißstoff Tubulin blockiert, sodass eine Teilung der Krebszellen nicht mehr möglich ist. „Tubulin ist ein guter Angriffspunkt für Medikamente. In der Tumorforschung ist das Protein dahingehend schon lange bekannt, in der Parasitologie aber hat es bisher kaum Aufmerksamkeit bekommen“, so das wissenschaftliche Duo. Sie analysierten zunächst die Struktur des Proteins und suchten danach eine chemische Verbindung, die das Protein hemmen kann. Eine Substanz-Datenbank lieferte fünf Kandidaten, nur eine chemische Verbindung erwies sich als wirksam. Die Forschenden tauften sie „Parabulin“. „Die Substanz blockiert das Protein genau an der Stelle, an der im menschlichen Tubulin analog die Krebsmedikamente andocken. Die Vermutung liegt nahe, dass Parabulin nicht nur gegen Toxoplasma gondii wirkt, sondern gegen alle Vertreter der Einzeller“, sagen Ashwani Sharma und Natacha Gaillard.
Text: Doris Simhofer | Fotos: Adobe Stock: Konstantin Aksenov
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