So krank sind unsere Schüler

Österreichs Schulärztinnen und -ärzte schlagen Alarm: Nach drei Jahren Pandemie hat sich bei 80 Prozent unserer Schülerinnen und Schüler der allgemeine Gesundheitszustand verschlechtert. Psychische Probleme nehmen massiv zu. Aber auch Gewichtsprobleme und Suchtverhalten sind immer häufiger zu beobachten.

Seit zweieinhalb Jahren hält Covid-19 die Welt in Atem – mit weitreichenden physischen, aber auch psychischen Auswirkungen. Besonders im Fokus: Kinder und Jugendliche. Neben dem Virus selbst setzen auch die Angst vor der Krankheit, fehlende soziale Kontakte, Lockdowns und Homeschooling, familiärer Stress, fehlende Infrastruktur bzw. Unterstützung und unsichere Zukunftsperspektiven der Psyche junger Menschen zu. Das belegen mittlerweile zahlreiche Studien.

Wie sieht aber die Situation bei Österreichs Schülerinnen und Schülern aus? – Das wollte GESUND & LEBEN genau wissen. Und wer könnte das besser beurteilen als Österreichs 1.132 Schulärztinnen und Schulärzte? Wir haben sie im Detail befragt! Das Ergebnis: besorgniserregend, denn: Unsere Schülerinnen und Schüler leiden in mehrfacher Hinsicht unter der Pandemie. Wie sich ihr Gesundheitszustand seit Beginn von Corona im März 2020 aus Sicht der Schulärztinnen und Schulärzte verändert hat und welchen Belastungen die Kinder und Jugendlichen ausgesetzt sind, haben wir für Sie übersichtlich zusammengefasst.


Allgemeiner Gesundheitszustand

Die gute Nachricht gleich vorweg: Auch wenn nur 8 % der Befragten den Gesundheitszustand der von ihnen betreuten Schülerinnen und Schüler mit „sehr gut“ bewerten, empfindet der Großteil diesen als durchwegs „gut“ (43 %) oder zumindest „befriedigend“ (40 %). Aber: 8 % der Schulärztinnen und Schulärzte vergeben in Sachen „Allgemeiner Gesundheitszustand“ lediglich die Note „genügend“.

Tendenz: verschlechtert

Beachtet man die Entwicklung der Schülergesundheit seit Beginn der Pandemie, hat diese ganz klar deutliche Spuren hinterlassen: So geben 81 % der Umfrage-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer an, dass sich die allgemeine gesundheitliche Situation der Schülerinnen und Schüler verschlechtert habe. Zunächst im Fokus der Expertinnen und Experten: die physische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen. Und hier geben die Ergebnisse ernsten Anlass zur Sorge, denn rund 89 % der teilnehmenden Schulärztinnen und Schulärzte geben an, dass sich der körperliche Zustand seit Beginn der Pandemie verschlechtert habe – rund 44 % meinen sogar „stark“ bzw. „sehr stark“. Vor allem habe – so der Tenor – die Bewegungsfreude während der Pandemie gelitten. Mit all den Folgen, die ein inaktiver Lebenswandel mit sich bringt …

Mentale Auswirkungen alarmierend

Ein noch drastischeres Bild zeichnet sich rund um die mentale Gesundheit unserer Schülerinnen und Schüler ab. Hier sehen alle (!) befragten Medizinerinnen und Mediziner eine Zunahme an psychischen Belastungen – und zwar ein Großteil davon in deutlichem Ausmaß: So geben 59 % der Teilnehmenden eine „starke“ und 19 % eine „sehr starke“ Steigerung der mentalen Probleme an.
Aber gehen wir mit Österreichs Schulärztinnen und Schulärzten ins Detail: Welche psychischen Belastungen sind besonders häufig? Am alarmierendsten ist die Zunahme bei Depressionen, so das Umfrageergebnis: 81 % der teilnehmenden Schulärztinnen und Schulärzte mussten diese bereits bei ihren jungen Patientinnen und Patienten diagnostizieren. Ebenfalls häufig genannt wurden Stresssymptome und Angststörungen (von rund 70 % der Befragten). Auch sehr oft beobachtet: sozialer Rückzug (62 %), Antriebslosigkeit, Konzentrations- und Lernstörungen (jeweils rund die Hälfte der Befragten) und generelle Zukunftssorgen (40 %).


Mobbing, Bullying und Gewalt

Zudem sind Mobbing oder sogar körperliche Gewalt durch Mitschülerinnen und Mitschüler Belastungen, die sich stark negativ auf die Psyche der jungen Menschen auswirken – Problematiken, die an Österreichs Schulen offenbar in hohem Ausmaß anzutreffen sind. In manchen Schulen – so die befragten Schulärzte – sind bis zu 80 % der Schülerinnen und Schüler von Mobbing und Gewalt betroffen.

Folgen für das Ernährungsverhalten

Auch das Ernährungsverhalten der Schülerinnen und Schüler hat gelitten, wie die Umfrage belegt. Während 56 % der Schulärztinnen und Schulärzte von geringfügigen Veränderungen ausgehen, sieht ein Drittel „starke“ negative Auswirkungen, 7 % geben diese sogar als „sehr stark“ an. Dazu passt auch der nächste Umfragewert, denn: Rund 70 % sehen „Übergewicht“ als eine Folge der Corona-Pandemie unter den Schülerinnen und Schülern am Vormarsch. Was Ausdauer und Kondition der Kinder und Jugendlichen betrifft, verzeichnen 62 % schlechtere Beweglichkeit und knapp mehr als die Hälfte eine reduzierte Ausdauer.


Gestiegene Suchtproblematik

Belastungen und Probleme, mit denen die jungen Menschen auf unterschiedliche – und auch besorgniserregende Weise – umgehen. Denn auf die Frage nach Suchtproblematiken unter den Schülerinnen und Schülern ist die Flucht in die digitale Welt am stärksten verbreitet, wie die Umfrage zeigt: 75 % der Teilnehmenden sehen dabei das Handy als Gerät mit größtem Suchtpotenzial, gefolgt von den sozialen Medien und Video/PC-Spielen (je 62 %) und Fernsehen (rund ein Drittel). Doch auch Suchtmittel bergen ein großes Gefahrenpotenzial, wie die Umfrage zeigt: Knapp die Hälfte gibt Nikotin als verbreitete Problematik unter den Schülerinnen und Schülern an, ein Drittel Alkohol, 25 % Cannabis. In Einzelfällen werden sogar harte Drogen genannt. Einig ist sich ein Großteil der Expertinnen und Experten auch bei der Tendenz der Suchtproblematiken. So sehen rund
75 % eine Zunahme – 20 % in „starkem“, knapp 16 % in „sehr starkem“ Ausmaß.


Fotos: iStock_syntika_ Ridofranz_ luminola

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