Wenn Sex krank macht...

Die Infektionen mit Geschlechtskrankheiten wie Tripper, Syphilis & Co. steigen stark an. Und jetzt auch noch Affenpocken! Welche Therapiemöglichkeiten es gibt, erklärt Österreichs Experte für Sozialmedizin.

Eigentlich war der Österreicher Julius Wagner-Jauregg Doyen für geistige Gesundheit. Doch als 1917 die Wahnvorstellungen auslösende Neuro­syphilis (eine Spätfolge einer Syphilis-Infektion) grassierte, behandelt der Psychiater kurzerhand auch Geschlechtskrankheiten: Er infizierte Patientinnen und Patienten gezielt mit Malaria – hohes Fieber galt als geeignete Therapie. In Europa und den USA wurde die Malariatherapie als Wunderheilung gefeiert. Ärztinnen und Ärzte infizierten zehntausende Syphilis-Patientinnen und -Patienten mit dem Erreger, bevor 1940 Penicillin seinen Siegeszug antrat. Für die Brachial-Methode erhielt Wagner-Jauregg 1927 sogar den Medizin-Nobelpreis.

Stille Epidemie

Heute stehen zur Therapie von Tripper (Gonorrhoe), Syphilis, Hepatitis B, HIV/Aids, humanen Papilloma-Viren (HPV), Genital-Herpes, Chlamydien & Co Antibiotika, antiretrovirale Medikamente und Impfungen zur Verfügung. Soweit die gute Nachricht.
Die schlechte: Die Fälle von Geschlechtskrankheiten (STD) nehmen derzeit wieder zu. Vor allem die Tripper- und Syphilis-Fälle steigen aktuell dramatisch an. Weltweit infizieren sich damit täglich mehr als eine Million Menschen zwischen 15 und 49 Jahren. In Österreich gibt es pro Jahr rund 1.500 Syphilis-Fälle. Die Krankheit ist wie Tripper meldepflichtig. Allerdings existiert hierzulande keine zentrale Meldestelle – Expertinnen und Experten vermuten eine hohe Dunkelziffer. Und die WHO warnt bereits vor einer „stillen Epidemie“ im Windschatten von Corona.
Univ.-Prof. Dr. Michael Kunze, außerordentlicher Professor für Hygiene und Mikrobiologie sowie Emeritus-Professor für Sozialmedizin am Zentrum für Public Health an der Medizinischen Universität Wien, bestätigt diese Einschätzung: „Fünf bis zehn Prozent aller Menschen erkranken im Laufe ihres Lebens an einer sexuell übertragbaren Krankheit.“

Univ.-Prof. Dr. Michael Kunze

 

„Ich sage immer: Das Leben ist eine sexuell übertragbare Krankheit, die mit dem Tod endet.“


Text: Karin Lehner | Fotos: iStock_RealPeopleGroup; MedUni Wien/Matern
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