Wenn Tiere Menschen retten

David Bennett war der erste Mensch der Welt, dem ein Schweineherz transplantiert wurde. Eine Pionierleistung der Medizin, obwohl der Amerikaner inzwischen verstorben ist. Warum Organe des Schweins die Zukunft des Menschen sind, erklärt ein österreichischer Transplantationsexperte.

Es ist eine medizinische Meisterleistung, aber auch ein ethischer Drahtseilakt: Als erster Mensch der Welt erhält der Amerikaner David Bennett Anfang Jänner 2022 an der Uniklinik von Maryland das Herz eines Schweins. Und lebt damit zumindest einige Wochen. Inzwischen ist der 57-Jährige verstorben. Aber nicht an einer Abstoßungsreaktion – die Todesursache war eine bestehende Infektion. Das Schweineherz hat bis zum Schluss geschlagen. Einwandfrei. 



Armes Schwein – Tiere als menschliche Ersatzteillager?!

Seither ist weltweit eine Diskussion entbrannt: Dürfen wir Tiere, die wir essen, als menschliches Ersatzteillager nutzen? Und sollen wir tatsächlich alles wagen, was wissenschaftlich möglich ist?
Universitätsprofessor Dr. Andreas Zuckermann, Leiter des Herztransplantationsprogramms und Herzchirurg an der Medizinischen Universität Wien am Allgemeinen Krankenhaus (AKH), wählt zur Beantwortung der großen Frage einen pragmatischen Zugang: „Früher wurden Organe von Primaten eingesetzt, weil Affen mit dem Menschen am engsten verwandt sind. Doch die medizinisch infrage kommenden großen Tiere sind heute vom Aussterben bedroht – das ist ethisch nicht mehr vertretbar“, erklärt der President-Elect der International Society for Heart and Lung Transplantation (ISHLT).
Schweine hingegen sind seit Jahrtausenden Nutztiere und landen – etwa als Schnitzel paniert – zigtausendfach auf den Tellern von Österreicherinnen und Österreichern. Laut Statistik Austria verspeist jeder Mensch durchschnittlich 50 Kilogramm Schwein pro Jahr. Für Zuckermann spricht auch die Vermehrung der Tiere für ihre Organe: „Sie haben viele Ferkel – das erleichtert die Zucht. Und ihre Organe wachsen schnell.“

 

Dr. Andreas Zuckermann, Universitätsprofessor und Leiter des Herztransplantationsprogramms und Herzchirurg an der Medizinischen Universität am AKH Wien

 

„Herzen von Schweinen könnten in Zukunft eine Unterstützung der normalen Transplantation sein und die Wartezeit auf ein passendes Organ deutlich verkürzen.“


Herz vom Schwein statt von einem Unfallopfer

Der Einsatz tierischer Organe beim Menschen heißt im Fachjargon Xeno-Transplantation – und könnte die Zukunft für Menschen sein, die auf ein Spenderorgan warten. Derzeit stehen in Österreich 50 bis 60 Personen auf der Eurotransplant-Liste – sie sind auf Organe von Unfallopfern oder hirntoten Patientinnen und Patienten angewiesen. Zuckermann: „Herzen von Schweinen könnten in Zukunft eine Unterstützung der normalen Transplantation sein und die Wartezeit auf ein passendes Organ deutlich verkürzen.“ 


Text: Karin Lehner | Fotos: ISTOCK_NATALI_MIS; MEDUNI AKH WIEN
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