Wilde Zeit
Der Herbst bietet allerlei kulinarische Abwechslung: zartes Wildfleisch direkt aus der Natur. Ein Hochgenuss!
Der Herbst hat viele Seiten. Bunte Blätter, die einen wissen lassen, dass die kalte Jahreszeit beginnt. Entspannung nach der brütenden Hitze im Sommer. Und Feinschmeckerinnen und Feinschmecker genießen die kulinarische Vielfalt, die der Herbst beschert. Nun wird vor allem das gegessen, was sich im Wald und auf den Wiesen versteckt, nämlich das Wildbret. So nennt man Wild, das dem Jagdrecht unterliegt: Reh, Hirsch, Wildschwein, Fasan und vieles mehr. Auf vielen Speisekarten sind Klassiker wie Rehrücken, Hirschragout oder Wildschweinbraten zu finden, traditionell oder modern interpretiert. Im Gasthof „Die Hochrieß“ in Purgstall an der Erlauf hat Wild immer Saison: Einige Wildgerichte finden sich das ganze Jahr über auf der Speisekarte des »tut gut«-Wirten. Möglich macht das der hauseigene Wildpark, circa 23 Hektar mit zwei großen Gehegen. Im größeren Gehege werden Dam- und Rotwild sowie Mufflons gehalten, im kleineren Gehege die Wildschweine.
Eigener Wildpark
Aus einem alten Bauernhof hat Katharina Distelberger (78 Jahre) mit ihrem Mann vor über vierzig Jahren einen Gastbetrieb gemacht. Zunächst hielt man auf dem eingefriedeten Hang einige Rinder, daraus wurde nach und nach ein Wildpark, in dem sich zurzeit etwa 30 Hirschen und 15 Wildschweine tummeln. Rehe eignen sich nicht zur Haltung im Wildpark, frisches Rehfleisch liefert die örtliche Jägerschaft. Wildfleisch kommt direkt aus der Natur. Das macht das Fleisch einzigartig mit gesunden Eigenschaften. Das Wild lebt frei in der Natur, hat Bewegungsfreiheit, eine abwechslungsreiche Ernährung – das wirkt sich auch auf das Fleisch aus. Wildfleisch liefert wertvolle Nährstoffe, ist fettarm und somit bestens geeignet für eine zeitgemäße und gesundheitsbewusste Ernährung. Herbstliche Beilagen ergänzen das fettarme Fleisch. Ob sättigende Erdäpfelgerichte (Gratin, Knödel, Püree), Vollkorngetreide (Getreide-risotto, Nockerl, Vollkornsemmelknödel) oder herbstliches Obst: Äpfel, Birnen, Zwetschken, Nüsse/Maroni harmonieren hervorragend mit Wild, genauso wie Gemüse der Saison (Kraut, Kohl, Kürbis, Rote Rüben, Pastinaken, Karotten).
Im Gasthof „Die Hochrieß“ werden pro Jahr zehn bis fünfzehn Hirsche erlegt und verkocht. „Wir verwerten das ganze Tier“, sagt Oma Katharina. Und sie legt auch selber Hand an und zerlegt die Tiere. „Mein Mann war Jäger, da hab ich mir alles abgeschaut.“ Ihr Enkel Matthias hilft ihr, wenn notwendig, „die Oma hat mir vieles beigebracht.“ Matthias ist mittlerweile Juniorchef des Gasthauses, hat ihn gemeinsam mit seinem Bruder von seinen Eltern übernommen. Ob beim Kochen oder im Service: Im Familienbetrieb hilft jede und jeder mit, wo sie/er gerade gebraucht wird. Juniorchef Matthias schwingt gern die Kochlöffel und hat trotz seiner jungen Jahre schon jede Menge Erfahrung bei der Zubereitung von Wild. Für GESUND&LEBEN kreiert er ein herbstliches Wild-Menü: als Entree eine feine Wildcremesuppe, danach ein zartes rosa gebratenes Hirschrückensteak mit Erdäpfelgratin und Babykarotten, gefolgt von einem leichten Topfen-Joghurt-Sülzchen auf Früchtespiegel (Rezepte auf den folgenden Seiten). Gemeinsam mit seiner Tante Regina bereitet er es zu und lässt GESUND&LEBEN in die Kochtöpfe schauen.
Das Um und Auf ist die Qualität des Fleisches, sagt Matthias Distelberger: „Das Fleisch muss frisch sein. Wir lassen es nur ein bis zwei Tage abhängen, dann hat es einen leichten und feinen Wildgeschmack.“ Verarbeitet wird vor allem junges Wild. Und männliche Tiere landen erst nach der Brunft am Teller, da das Fleisch sonst einen speziellen Brunftgeschmack hat. „Das ist nicht jedermanns Sache“, meint er. Den Hirschrücken brät er auf beiden Seiten kurz scharf an, nimmt ihn aus der Pfanne, wickelt ihn in Alufolie. Das Fleisch muss kurz rasten, bevor es im Rohr sanft auf 54 Grad Kerntemperatur weitergart. „Am besten verwendet man dazu einen Fleischthermometer“, empfiehlt Matthias Distelberger. So geht man auf Nummer sicher: Das Fleisch ist zartrosa und perfekt gebraten. Ein Hochgenuss! Köstliches Essen gepaart mit ländlichem Charme und Mostviertler Gemütlichkeit: Der Gasthof „Die Hochrieß“ samt Wildpark ist einen Ausflug wert. Ein Abenteuer-Spielplatz, ein Reit-Stall, ein Streichelgehege sowie freilaufende Hasen, Enten und allerlei andere Tiere lassen vor allem die Herzen kleiner Besucherinnen und Besucher höher schlagen.
Immer schon ein Familienbetrieb: Juniorchef Matthias Distelberger bereitet mit seiner Tante Regina ein köstliches dreigängiges Menü zu. Im Mittelpunkt steht natürlich Wild.
Oma Katharina Distelberger hat mit ihrem Mann vor über vierzig Jahren den Gasthof gegründet. Noch heute ist sie für das fachgerechte Zerlegen des Wilds zuständig.
4 Tipps rund ums Wild
Vorbereiten: Das Fleisch mit einem scharfen spitzen Messer von Sehnen und Häutchen befreien (parieren). Bei Wildschwein die größeren Fettanteile entfernen.
Zubereiten: Welche Zubereitungsart richtig ist, hängt vom Fleischstück und vom jeweiligen Rezept ab. Grundsätzlich lässt sich Wildbret wie jedes andere Fleisch zubereiten: kochen, dünsten, braten oder im Ofen garen.
Würzen statt salzen: Wild harmoniert mit kräftigen aromatischen Gewürzen: Piment, Nelken, Wacholderbeeren, Majoran, Pfeffer, Liebstöckel, Rosmarin, Thymian, Lorbeerblätter, Koriander und Knoblauch. Salz nur sparsam verwenden.
Beilagen: Saucen auf Gemüse-, Rotwein- oder Fruchtbasis und eine Fruchtbeilage wie Preiselbeeren, Birnen oder Marillen schmecken hervorragend zu Wild. Da Wild meist im Herbst auf den Tisch kommt, sind typische Gemüsebeilagen alle Kohlsorten, Sellerie, Kürbis, Schwarzwurzeln oder Vogerlsalat.
Wildcremesuppe
Zutaten (4 Portionen): Wurzelwerk (1 Zwiebel, 1 Karotte, 1/2 Sellerie, 1 Gelbe Rübe), 200 g Wildfleisch (Verhacktes vom Hirsch), 1/8 l Gemüsesuppe, Saft einer halben Orange und Zitrone, 1 EL Preiselbeeren, Pfefferkörner, 3 Lorbeerblätter, 1 Knoblauchzehe, Maizena, Salz, Pfeffer, Muskatnuss
Zubereitung: Wurzelwerk klein schneiden und in einem Topf mit Öl scharf anbraten. Wildfleisch hinzufügen und bräunlich anbraten. Mit Rotwein ablöschen, kurz verkochen und Wasser aufgießen. Verkochen lassen, danach alles pürieren. Salz, Pfeffer, Muskatnuss, Knoblauch, Lorbeerblätter, Pfefferkörner, Zitrone, Orange und Preiselbeeren hinzufügen. Zehn Minuten ziehen lassen, anschließend passieren. Mit Maizena binden und garnieren.
Hirschrückensteak mit Erdäpfelgratin und Babykarotten
Zutaten (4 Portionen): 150 g Hirschrücken pro Person, Zwiebel, Wurzelwerk (1/2 Karotte, 1/2 Zwiebel, 1/2 Gelbe Rübe, 1/4 Sellerie), 1/8 l Rotwein, Thymian, Rosmarin, Salz, Pfeffer, Essig, Maizena, 2 l Rindsuppe
Erdäpfelgratin: 500 g Erdäpfel (festkochend), 150 g Schlagobers (oder Sauerrahm), 100 g Milch, Käse zum Garnieren, 1 Knoblauchzehe, 1 Prise Muskatnuss, Öl zum Anbraten, Salz, Pfeffer; 150 g Babykarotten, 10 g Butter, 1 Prise Zucker
Zubereitung: Den Hirschrücken auf beiden Seiten kurz scharf anbraten. Aus der Pfanne nehmen, in Alufolie einwickeln und kurz rasten lassen. Danach im Rohr bei 110 Grad auf 54 Grad Kerntemperatur (circa 5–10 min) braten. Im Bratensaft Zwiebel und Wurzelwerk anrösten. Mit Rotwein ablöschen und mit Rindsuppe aufgießen, Gewürze dazugeben. Circa zwei Stunden einkochen lassen, anschließend passieren und mit Maizena eindicken. Karotten im Salzwasser kochen und mit Butter und Zucker glacieren.
Für das Gratin die Erdäpfel schälen und in dünne Scheiben schneiden. In einem Topf vorsichtig mit Öl anbraten, Schlagobers (oder Sauerrahm), Milch, Salz, gepresste Knoblauchzehe, Pfeffer und Muskatnuss dazugeben. Einkochen lassen. Alles in eine Form geben und mit geriebenen Käse bedecken. Anschließend bei 200 Grad 20 min im Ofen backen.
Topfen-Joghurt-Sülzchen auf Früchtespiegel
Zutaten (4 Portionen): 250 g Joghurt, 250 g Topfen, 4 Blatt Gelatine, 250 ml Schlagobers, 50 g Staubzucker, 2 EL Zitronensaft; 150 g Zwetschken, 2 EL Zucker, Saft einer halben Zitrone
Zubereitung: Schlagobers in einer Schüssel steif schlagen. Topfen mit Joghurt, Staubzucker und Zitronensaft in eine andere Schüssel geben und gut verrühren. Gelatine in kaltes Wasser geben und warten, bis sie aufgelöst ist. Die aufgelöste Gelatine für circa zehn Sekunden erwärmen und unter vorsichtigem Rühren in die Masse mixen. Den Obers vorsichtig unter die Masse heben, in eine Rehrückenform füllen und im Kühlschrank für circa eine Stunde fest werden lassen. Die Zwetschken entkernen und in einem Topf mit Zucker und Zitronensaft weichkochen. Danach mixen und durch ein feines Sieb passieren.
Text: Karin Schrammel | Fotos: Philipp Monihart, istockphoto/ GP232
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