Das Glück der Dankbarkeit

„Nicht die Glücklichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind“, sagte der englische Philosoph und Staatsmann Francis Bacon (1561–1626). Wie recht er damit hatte, bestätigen neue wissenschaftliche Studien. GESUND & LEBEN zeigt, wie Sie Dankbarkeit täglich praktizieren können – und dadurch glücklicher und gesünder werden.

Dankbarkeit macht uns nicht nur glücklich, sondern trägt auch wesentlich zu unserer Gesundheit bei – und zwar mental und körperlich. So hat etwa ein Forschungsteam der University of California herausgefunden, dass Herz-Patienten ihre Gesundheit verbessern können, wenn sie häufiger Dankbarkeit empfinden. „Je dankbarer die Patientinnen und Patienten waren, umso besser waren ihre Laune und ihr Schlaf. Mit zunehmender Dankbarkeit sanken überdies jene Entzündungswerte, die mit der Herzgesundheit in Verbindung stehen“, erklärt Studienautor Prof. Paul J. Mills.

Wirklich dankbar sein

Freilich muss man nicht erst zum Herz-Patienten werden, um seine (Herz-)Gesundheit zu steigern. Im Gegenteil: Je eher und je öfter wir dankbar sind, umso besser und umso gesünder werden wir. Allerdings gilt es zu unterscheiden zwischen der Dankbarkeit, die wir von anderen Menschen erwarten und jener, die wir selbst empfinden. Bei Ersterer läuft in gewisser Weise ein Kindheitsprogramm ab, weiß Emotionstrainer, Glücksforscher und Autor von „Glücklich leben – Dein Herz weiß mehr als dein Verstand“ Manfred Rauchensteiner: „Wenn ich erwarte, dass andere mir gegenüber dankbar sein müssen, ist Enttäuschung vielfach programmiert. Schließlich muss ich den Dank dann immer von anderen einfordern, wodurch es zu einem demütigen Gefühl wird, das zudem stark an Bedingungen geknüpft ist.“
Jene Dankbarkeit hingegen, die man selbst empfindet, ist eines der besten und stärksten Gefühle überhaupt. Vorausgesetzt man ist sich bewusst, warum man für dies oder jenes dankbar ist, und man hat sich selbst, bestenfalls aus tiefstem Herzen, dafür entschieden, dankbar zu sein. Ansonsten nämlich könnte einmal mehr ein „Kindheitsfilm“ ablaufen, wie Rauchensteiner betont: „Dankbarkeit ist ein komplexes Gefühl, mit dem wir schon als Kinder konfrontiert werden – dann jedoch oftmals als etwas, das wir sein und zum Ausdruck bringen müssen. Kindern wird zum Teil regelrecht eingedrillt, dass sie ‚Bitte‘ und ‚Danke‘ sagen müssen. Dass bei dieser Art der Dankbarkeit wenig positive Energie mitschwingt, ist kaum überraschend.“

Manfred Rauchensteiner, Emotionstrainer, Glücksforscher und Autor

 

„Dankbarkeit ist ein komplexes Gefühl, mit dem wir schon als Kinder konfrontiert werden – dann jedoch oftmals als etwas, das wir sein und zum Ausdruck bringen müssen.“

Dankbarkeit ist gesund

Tatsache ist, dass wir uns alle Gefühle selbst erschaffen. An sich also ist es ganz einfach: Wir können hier und heute entscheiden, als dankbare Menschen durchs Leben zu gehen und unsere Sinne für die schönen Dinge des Lebens zu schulen. Immer mehr Studien wie jene an der University of California weisen darauf hin, dass intrinsisch empfundene Dankbarkeit dazu führt, dass wir glücklicher und zufriedener sind, erfülltere Beziehungen führen, seltener an Depressionen, Burn-out oder Süchten leiden, besser mit Schicksalsschlägen umgehen können und generell gesünder sind.
Der eine oder die andere wird nun einwenden: „Leichter gesagt, als getan. Schließlich gibt es im Moment nicht viel, wofür wir dankbar sein können. Alles wird teurer, nicht weit entfernt herrscht Krieg, und auch die Pandemie ist anscheinend noch nicht vorbei.“ Glücksforscher Rauchensteiner sieht das anders: „Wir könnten beispielsweise dafür dankbar sein, dass wir viele Jahrzehnte des Friedens und Wohlstands erleben durften. Wobei mir klar ist, dass sich der Verstand dagegen wehren wird, denn er ist evolutionsbedingt für das ‚Sorgen-Mach-Programm‘ verantwortlich. Das Problem aber ist: Sorgen schaden uns körperlich und mental.“ Es ist mittlerweile wissenschaftlich belegt, dass Ängste und Sorgen für den Körper Stress bedeuten. Als Reaktion werden nämlich die aktivitätssteigernden Hormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol ausgeschüttet, die auf Dauer zu einem langfristig erhöhten Stresshormonspiegel führen. Indes haben die „Botenstoffe des Glücks“ – allen voran Serotonin, Dopamin und Endorphine – eine beruhigende Wirkung auf Atmung und Herzschlag, aktivieren die Selbstheilungskräfte und wirken sich alles in allem positiv auf unsere Gesundheit aus. Entsprechend rät Rauchensteiner dazu, die Zeit der unangenehmen Gefühle möglichst kurzzuhalten: „Schon beim ersten Anflug von negativer Stimmung sollte man alles daransetzen, Dankbarkeit und Freude zu empfinden. Ansonsten läuft man Gefahr das Immunsystem nachhaltig zu schädigen.“

First step: Akzeptanz

Zu Beginn geht es allerdings darum, die Situation anzunehmen, sie zu akzeptieren, auch das Gefühl, dass es einem gerade nicht so gut geht. Von diesem „Es ist nun mal so“-Punkt kann man dann gut wegarbeiten – schließlich darf man alleine dafür dankbar sein, dass man es akzeptiert hat, dass die Dinge nun mal so sind, wie sie eben sind. Dieses Gefühl der Akzeptanz gepaart mit der Dankbarkeit dafür ist übrigens spürbar: Sobald man eine Enge im Brustraum verspürt, die Atmung flacher und rascher wird, wenn einem Sorgen und Ängste gefühlt über den Kopf wachsen, spürt man genau dort, also an der Vorderseite des Oberkörpers, eine Erleichterung und man kann wieder tief Luft holen. Und schon hat man einen weiteren Grund, dankbar zu sein.
Und ja, das gilt genauso für Menschen, die an Depressionen, Burn-out oder Süchten leiden, wenngleich ihnen der erste Schritt schwerer fallen dürfte, wie Manfred Rauchensteiner konstatiert: „Depressive Menschen haben über einen langen Zeitraum ihre eigenen Bedürfnisse hintangestellt. Wenn sie es aber in einem Moment, in dem es ihnen schlecht geht, schaffen, die Signale des Körpers wieder zu erkennen, können sie auch etwas dagegen tun, indem sie es schlichtweg akzeptieren und dankbar dafür sind. Ja, das klingt zu einfach, um wahr zu sein. Doch wer weiß, dass Dankbarkeit eines der mächtigsten, wenn nicht sogar das mächtigste Gefühl überhaupt ist, wird es nie mehr missen wollen.“

Dankbarkeitsrituale

Wer es gar nicht erst soweit kommen lassen möchte, der kann sozusagen „vorbeugend“ dankbar sein. Und das Beste: Man kann sofort damit anfangen. Oder Sie starten morgen in der Früh und machen das Aufwachen und Aufstehen zum Dankbarkeitsritual. Wenn Ihre Partnerin oder Ihr Partner neben Ihnen liegt, können Sie für sie oder ihn dankbar sein, ebenso wie für Ihre Familie. Während Sie sich im Bad Wasser ins Gesicht spritzen oder sich duschen, danken sie für das fließende, saubere Nass. Stehen Sie danach vor dem Kleiderkasten, zerbrechen Sie sich nicht den Kopf darüber, was Sie anziehen sollen, sondern seien Sie dankbar für all die warmen und schönen Sachen, aus denen Sie auswählen dürfen. In der Küche geht es weiter: Ob Kaffee oder Tee, Müsli oder Brot, Süßes oder Saures – seien Sie dankbar für all die Lebensmittel, die Ihrem Körper Nährstoffe liefern und/oder Ihnen schlichtweg schmecken. „Wer sich erst einmal an dieses Morgenritual gewöhnt hat, wird auch untertags Lust verspüren, für all die vermeintlichen Kleinigkeiten dankbar zu sein“, weiß der Linzer Glücksexperte.

 

BUCHTIPP

 
 

Manfred Rauchensteiner

Glücklich leben – Dein Herz weiß mehr als dein Verstand

Goldegg Verlag,
19,95 Euro


Text: Christiane Mähr | Fotos: iStock_fizkes, Privat
Mehr zum Thema „Das Glück der Dankbarkeit” erfahren Sie in GESUND & LEBEN 01+02/23.

 

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