Die vielen Gesichter von ADHS

Mit Bezeichnungen wie „Zappelphilipp“ galt die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung lange Zeit als Syndrom von Kindern und Jugendlichen. In vielen Fällen bleibt die psychische Erkrankung im Erwachsenenalter bestehen und sorgt für Schwierigkeiten im Berufs- und Privatleben.

Vielen Menschen ist noch aus ihrer Kindheit der „Struwwelpeter“ bekannt. In diesem Kinderbuch beschreibt der Frankfurter Psychiater Heinrich Hoffmann hyperaktive und notorisch unaufmerksame Kinder, wie den „Hans-Guck-in-die-Luft“ oder den „Zappelphilipp“, der bei Tisch nicht ruhig sitzen kann und mit seinem Sessel so lange schaukelt, bis er das Tischtuch mitsamt den Speisen herunterreißt. Heinrich Hoffmann hat mit seinen in Reimform verfassten Kurzgeschichten ein Phänomen beschrieben, das man heute als Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) deuten würde. ADHS bezeichnet eine Verhaltensstörung, deren Hauptmerkmale motorische Hyperaktivität, Unaufmerksamkeit und Impulsivität sind. Bei Erwachsenen können weitere Merkmale wie Schusseligkeit, fehlende Tagesplanung, Aufschieberitis, innere Unruhe, Konzentrationsprobleme, geringe Stressresistenz, notorische Unordnung, häufiges Zuspätkommen, starke Stimmungsschwankungen und leichte Reizbarkeit darauf hinweisen.

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„Impulsivität & Reizbarkeit“

 

Dr. Robert Wechsberg, Facharzt für Psychiatrie und personzentrierter Psychotherapeut

 

Wie äußert sich ADHS in sozialen Beziehungen? 

Im Privaten führen die Konzentrationsprobleme zu Unaufmerksamkeit in Gesprächen oder dazu, dass Verabredungen vergessen werden, was zusätzlich das Leben erschwert.

Daneben sind Impulsivität und emotionale Dysregulation oft ein Thema. Es kann zum Auftreten von Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit und emotionaler Empfindlichkeit kommen. Bei Frauen kann die Symptomatik aufgrund des Menstruationszyklus Schwankungen unterliegen. So können sich die psychischen Beschwerden wie Gereiztheit oder Stimmungsschwankungen des prämenstruellen Syndroms verstärken.

Wann gilt die Diagnose ADHS als gesichert?

Die Diagnose erfolgt zumeist durch eine psychiatrische Exploration und eine klinisch-psychologische Testung. Wenn beides positiv auf ADHS ausfällt, kann man weitgehend sicher sein, dass es sich um ADHS handelt. Es kann häufig vorkommen, dass die ADHS-Diagnose zunächst unerkannt bleibt und Betroffene sich aufgrund einer anderen Symptomatik, wie einer Depression, in Behandlung begeben.

Wann wird eine medikamentöse Behandlung eingesetzt?

Medikamente sollten immer dann zum Einsatz kommen, wenn die ADHS-Symptomatik zu großen Einschränkungen im Leben führt. Zumeist erfolgt die Behandlung mit Stimulantien wie Ritalin oder Elvanse. Diese Behandlung ist effektiv und kann gezielt eingesetzt werden. Sie führt bei ADHS-Betroffenen zu geistiger Ruhe, besserer Konzentration und gesteigerter Motivation.

Welche Nebenwirkungen können auftreten?

Bekannt sind etwa erhöhter Puls, verstärktes Schwitzen, Appetitminderung oder Kopfschmerzen. In Summe sind die Nebenwirkungen bei den meisten Betroffenen gut vertretbar. Im Laufe der Zeit kann es zu einer gewissen Toleranzbildung kommen. Das heißt, dieselbe Dosis führt mit der Zeit zu einem schwächeren Effekt. Nach Abflauen der Wirkung kann auch eine kurzfristige Verschlechterung der Symptomatik eintreten. Bei Frauen schwankt die Wirkung der Stimulantien zyklusbedingt.

 

BUCHTIPP

 
 

Martin D. Ohlmeier & Mandy Roy (Hrsg.)

ADHS bei Erwachsenen – ein Leben in Extremen.
Ein Praxisbuch für Therapeuten und Betroffene.

Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist inzwischen auch in der Erwachsenen-Psychiatrie ein anerkanntes Störungsbild. Dessen Behandlung erfordert bei Erwachsenen eine andere therapeutische Herangehensweise als bei Kindern und Jugendlichen. Dieses Werk stellt neue wichtige Forschungsergebnisse vor, auf deren Basis grundlegendes Wissen über ADHS beschrieben wird.

ISBN: 978-3-170362321


Text: Jacqueline Kacetl | Fotos: iStock_archivector, _Nuthawut Somsuk; Ludwig Reindl
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