Leben nach dem Abschied

Der Tod eines geliebten Menschen stürzt die Hinterbliebenen in einen seelischen Abgrund. Mit Trauer und Schmerz umzugehen, erfordert viel Kraft und einen umsichtigen Umgang mit sich selbst.

Der Schock nach dem Tod eines nahen Angehörigen sitzt tief. Der Schmerz ist unendlich groß und die Seele der Trauernden aufgewühlt. Dass ein geliebter und vertrauter Mensch für immer gegangen ist, erscheint unbegreiflich und unwirklich. Unmittelbar nach dem Todesfall bleibt meist wenig Zeit für die Verarbeitung der eigenen Gefühle. Erledigungen wie Behördengänge, das Regeln von Verträgen und Finanzen sowie die Organisation des Begräbnisses erfordern die ganze Aufmerksamkeit. „In den ersten Wochen und Monaten sind die Hinterbliebenen in einem Schockzustand“, sagt die Trauerbegleiterin Sonja Ruß. „Die Menschen mobilisieren ihre verbliebenen Energiereserven und schaffen dann sehr viel. Erst später kommt die schmerzliche Erkenntnis, dass die geliebte Person nicht mehr da ist. Für die meisten Trauernden ist es der größte Horror, in ein leeres Zuhause zurückzukommen.“ Meistens erinnern noch viele persönliche Gegenstände in der Wohnung an den Toten. Vielfach entsteht die starke Sehnsucht, dass der Verstorbene wieder zur Tür hereinkommt und die albtraumhafte Situation endet. Aber auch wenn der fehlende Mensch innerlich noch stark präsent ist, ist dessen ständige Abwesenheit nun eine neue Lebensrealität, die schrittweise akzeptiert werden muss, um seelisch zu heilen.

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„Eigene Intuition ist ein guter Wegweiser“

 

Gudrun Jansohn, Klinische Psychologin, Gesundheitspsychologin und Psychotherapeutin in Ausbildung unter Supervision in Wien

 

Was verschafft Trauernden Erleichterung? 

Der Körper leistet in der Trauer schwere Arbeit. Es ist alles hilfreich, was ihn dabei unterstützt. Wichtig sind regelmäßige Ernährung, Bewegung und Schlaf als kleine Insel der Erholung. Ein Tagebuch kann für die grüblerischen Gedanken ein guter Kanal sein. Man kann auch einen Gedenkort aufsuchen, den man mit dem verstorbenen Menschen verbindet. Oder man richtet sich einen Rückzugsort ein, an dem man alleine trauert und seine Emotionen ausdrückt. Dort können etwa Bilder oder Erinnerungsgegenstände stehen. Vor allem der Kontakt mit lieben Menschen, mit denen man über die verstorbene Person reden kann, gibt viel Kraft. Meistens ist die eigene Intuition ein guter Wegweiser, was man selbst braucht.

Wie kann Ablenkung entlasten? 

Unser Organismus schützt uns mittels Verdrängung immer wieder vor Belastungen, die gerade zu viel für uns sind. Ablenkung ist eine ganz wichtige Strategie beim Trauern. Man sollte sich immer wieder kleine Pausen vom Trauerprozess zugestehen, um erneut Kraft zu schöpfen. Trauern ist ein sehr anstrengender Prozess, der an der Energie zehrt. Es kann daher einfach guttun, alltäglichen Aktivitäten nachzugehen – das kann die Pflege des eigenen Körpers, das Putzen der Wohnung oder das Arbeiten an der Steuererklärung sein. Man gewinnt damit ein Stück Normalität zurück. Gerade zu Beginn des Trauerprozesses kann es schwerfallen, sich abzulenken. Aber es lohnt sich, es immer wieder kurz zu versuchen, um sich seelisch zu entlasten.

Trauern Männer anders als Frauen? 

Die Studienlage und Literatur speziell zum Thema Trauer bei Männern ist leider noch etwas dünn. Wir beobachten, dass Männer anders trauern und seltener in Trauergruppen anzutreffen sind. Während bei Frauen viel Entlastung durch Reden passiert, suchen Männer tendenziell die Aktivität durch Bewegung und Gestalten. Gerade der Sport dient oft dazu, sich zu verausgaben und dem Schmerz über den Verlust etwas entgegenzusetzen. Die Trauerverläufe sind aber immer individuell zu sehen. Es gibt sowohl Männer, die sich gut über Gespräche entlasten, als auch Frauen, denen Sport bei der Verarbeitung hilft oder die sich in der Arbeit Inseln der Normalität suchen und sich über den Schmerz hinweghelfen. 


Text: Jacqueline Kacet | Fotos: iStock_Boonyachoat; beigestellt
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