Leben nach dem Krebs

Nach einer Krebserkrankung ist die regelmäßige Nachsorge wichtig. Neben Untersuchungen unterstützt eine onkologische Rehabilitation auf dem Weg zurück ins Leben.

Wenn man nach der Untersuchung erfährt, dass man tumorfrei ist, sind die Erleichterung und die Freude groß. Doch auch wenn Therapien und/oder Operation gut überstanden sind, leiden viele Patientinnen und Patienten noch längere Zeit an den Nachwirkungen der Erkrankung. Der Krebs ist weg – aber fit ist man dadurch nicht automatisch. Deshalb stellt die Nachsorge nach einer Tumorerkrankung einen wesentlichen Part dar.


Regelmäßige Nachsorge

Die Nachsorge ist enorm wichtig, auch wenn der Krebs erfolgreich behandelt wurde, ist Priv.-Doz. DDr. Bernhard Andreas Grubmüller überzeugt. Der Oberarzt für Urologie ist einer der Hauptverantwortlichen des Uro-onkologischen Zentrums im Universitätsklinikum Krems. In den ersten zwei bis drei Jahren nach der Erkrankung ist das Risiko, erneut an einer Tumorerkrankung zu erkranken, höher als die restliche Zeit danach. Warum das so ist, ist nicht gänzlich geklärt: „Man geht davon aus, dass sich noch sogenannte Schläferzellen im Körper befinden, die in den ersten Jahren nach der Erkrankung eher zu wachsen beginnen als danach.“ Nachsorge kann auf verschiedene Art und Weise geschehen: Eine Fachärztin oder ein Facharzt im niedergelassenen Bereich kann die Nachsorge vornehmen. Aber auch eine onkologische Ambulanz in einem Klinikum kann sich um die Nachsorgeuntersuchungen kümmern. In regelmäßigen Abständen findet eine Blutabnahme statt, um so die Tumormarker im Blut zu bestimmen. Und auch die Bildgebung in Form einer Computertomographie zählt zu den Elementen der Nachsorge. Ultraschall und eine generelle Untersuchung ergänzen sie. Diese regelmäßigen Untersuchungen geben den Patientinnen und Patienten Sicherheit und Gewissheit. Grubmüller rät jedem Patienten bzw. jeder Patientin, eine onkologische Rehabilitation zu machen, um zu lernen, mit Sorgen und Ängsten besser umzugehen und zurück in ein gesundes Leben zu finden.

OA Priv.-Doz. DDr. Bernhard Andreas Grubmüller, Universitätsklinikum Krems

 

„Man geht davon aus, dass sich noch sogenannte Schläferzellen im Körper befinden, die in den ersten Jahren nach der Erkrankung eher zu wachsen beginnen als danach.“

Zurück in den Alltag

Die onkologische Rehabilitation sei die Brücke zwischen der Primärbehandlung und der Nachsorge, erklärt Prim. Dr. Stefan Vogt, Ärztlicher Leiter der onkologischen Rehabilitation im Lebens.Med Zentrum Bad Erlach im südlichen Niederösterreich. Drei Wochen lang dauert die onkologische Rehabilitation. Bevor man eine Reha antreten kann, füllt der Facharzt bzw. die Fachärztin oder der Hausarzt bzw. die Hausärztin gemeinsam mit dem Patienten, der Patientin das Antragsformular aus.

Auf dem Antragsformular kann man seine gewünschte Reha-Einrichtung angeben. In Bad Erlach stehen nach der Ankunft das pflegerische und medizinische Aufnahmegespräch auf dem Programm. Der aktuelle Gesundheitsstatus wird dabei erhoben, die Fähigkeiten werden überprüft und die Ziele für die Reha definiert. Und ein individueller Therapieplan wird erstellt. Die Patientinnen und Patienten teilen sich in zwei Gruppen auf: Es gibt jene, bei denen der Tumor frühzeitig erkannt wurde, die primäre Behandlung abgeschlossen ist und Heilung möglich war. Dabei handelt es sich um die Mehrheit der Patientinnen und Patienten. Die zweite Gruppe besteht aus Menschen, die sich in einem fortgeschrittenen oder chronischen Stadium befinden. Bei ihnen gehe es darum, die Überlebenszeit zu verlängern und die Lebensqualität zu verbessern, erklärt Vogt. Während der Rehabilitation werden verschiedene Therapien angewandt, um Nebenwirkungen der Behandlungen zu reduzieren und Probleme, die sich durch die Tumorerkrankung ergeben haben, bestmöglich zu lösen. Übergeordnetes Ziel ist vor allem eines: zurück in den Alltag zu finden und zum Beispiel auch wieder in den Beruf einzusteigen. Viele Menschen, die in das Lebens.Med Zentrum Bad Erlach kommen, sind  jedoch nicht mehr im erwerbsfähigen Alter. Bei ihnen geht es darum, wieder am sozialen Leben teilzunehmen und möglichst selbstständig zu leben.

Prim. Dr. Stefan Vogt, Lebens.Med Zentrum Bad Erlach

 

„Viele Patientinnen und Patienten sind nach der Behandlung ohne Ansprechpartner, haben aber viele offene Fragen. Die onkologische Reha ist ein gutes Tool, um spezielle Probleme zu behandeln.“


Bewegung senkt Rückfallrisiko

Der ideale Zeitpunkt, um die Reha zu starten, ist individuell und kommt auf die Art der Behandlung an: Wird man etwa an der Prostata operiert, um ein Karzinom zu entfernen, sollte man acht Wochen warten, bis man die Reha startet. Generell ist eine Rehabilitation möglichst bald nach der Primärbehandlung sinnvoll. „Viele Patientinnen und Patienten sind nach der Behandlung ohne Ansprechpartner, haben aber viele offene Fragen. Die onkologische Reha ist ein gutes Tool, um spezielle Probleme zu behandeln“, erklärt Vogt. Menschen mit Tumoren von „Kopf bis Fuß“ können die Reha absolvieren. „Den verschiedenen Problemen nach den Erkrankungen begegnen wir im Lebens.Med Zentrum Bad Erlach mit individuell auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten abgestimmten Therapien“, fügt der Mediziner hinzu.
Das Rehabilitationskonzept basiert auf drei Säulen: Bewegung, psycho-onkologische Betreuung sowie umfassende Information und Beratung.
Im Bereich der Bewegung steht unter anderem Kraft- und Ausdauertraining auf dem Programm. Im Haus gibt es dafür einen Fitnessraum mit Geräten und ein Hallenbad. In der Natur finden etwa Nordic-Walking-Gruppen und Intervalltraining statt. Die Säule Bewegung ist besonders wichtig, wenn es darum geht, ob der Krebs zurückkehrt: „Das Rückfallrisiko wird durch regelmäßige Bewegung merklich reduziert. Gerade nach großen Operationen sind sich die Patientinnen und Patienten häufig unsicher, wann sie wieder belastbar sind. Bei uns geschieht das drei Wochen lang unter Aufsicht.“ Physiotherapeutinnen und -therapeuten und Sportwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler begleiten die Menschen dabei. Einen wichtigen Part erfüllt auch die Ergotherapie. Nach einer Chemotherapie kommt es häufig zu einer Polyneuropathie, einer Schädigung der peripheren Nerven. Das führt zu Sensibilitätsstörungen und Schmerzen. Mit gezielten Übungen wird die Sensibilität verbessert.

Ziel der Reha ist es, zurück in den Alltag zu finden.

Zu Kräften kommen

Ein Großteil der onkologischen Patientinnen und Patienten leidet nach der Behandlung an einem Erschöpfungssyndrom, auch Fatigue genannt.Kraftlosigkeit, Müdigkeit und fehlender Antrieb kennzeichnen diese Folgeerscheinung der Erkrankung. Die Therapeutinnen und Therapeuten helfen den Betroffenen unter anderem dabei, ihre Energiereserven einzuteilen und wieder zu Kräften zu kommen. Die psycho-onkologische Betreuung ist ebenfalls eine wesentliche Säule in der Rehabilitation. Sowohl Einzel- als auch Gruppentherapien finden statt. Die Patientinnen und Patienten erlernen unter anderem Techniken, die für Entspannung sorgen und zuhause angewandt werden können. Auch Schulungen zum Thema Schlaf, Fatigue oder Stressmanagement stehen auf dem Programm. „Die Psyche spielt eine zentrale Rolle. Krebs ist eine Belastung und betrifft auch das soziale und berufliche Umfeld“, sagt Vogt. Angststörungen und depressive Veränderungen seien ein großes Thema nach einer Krebserkrankung. In der psychologischen Betreuung während der Reha werden den Betroffenen auch Kontakte vermittelt, um nach der Rehabilitation weiterbetreut werden zu können. Weiters kommen während des dreiwöchigen Reha-Aufenthaltes Lymphdrainagen, Heilmassagen, Narben- und Elektrotherapie zum Einsatz. Eine Logopädin unterstützt das Therapeutenteam. Im Zuge der Patientenberatung kommen auch Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter zum Einsatz. Sie unterstützen etwa dabei, dass Betroffene einen Behindertenpass beantragen können. Die Pflege im Zentrum bietet zusätzlich Beratungen wie die Fatigue-Sprechstunde und die Kontinenz- und Stoma-Beratung an. In regelmäßigen Abständen erfolgen medizinische Untersuchungen und Verlaufsgespräche. Entlastung der Psyche und das Zurückfinden in den Alltag sind die langfristigen Ziele der Rehabilitation. Kurzfristiges Ziel sei vor allem, Nebenwirkungen, Spätfolgen, Schmerzen und andere körperliche Symptome zu therapieren. Dennoch können einige Effekte der Reha im Alltag verloren gehen. Daher ist es sinnvoll, die Reha zu wiederholen und aufzufrischen. Gerade, wenn man noch im Berufsleben steht, unterstützt der Aufenthalt dabei, wieder zu Kräften zu kommen. Ergänzend dazu sollten die regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen in Anspruch genommen werden. Auch wenn hier häufig Angst mitschwingt: „Je früher man einen erneuten Tumor erkennt, umso bessere Chancen hat man, ihn gut behandeln zu können“, sagt Oberarzt Grubmüller aus dem Universitätsklinikum Krems. Die Nachsorge nach dem Krebs hat einen wichtigen Stellenwert. Mit dem Blick auf die Gesundheit gelingt der Weg zurück ins Leben.

Psychoonkologische Beratung spielt eine zentrale Rolle, denn Krebs führt häufig zu Angststörungen oder depressiven Verstimmungen.


Text: Daniela Rittmannsberger | Fotos: iStock_mapodile, beigestellt, iStock_mapodile, _SDI Productions; Lebens.Med Zentrum Bad Erlach
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