Wenn der Schmerz bleibt
Knapp zwei Millionen Österreicherinnen und Österreicher leiden an chronischen Schmerzen. Nicht immer ist eine Schmerztablette die Lösung – am besten hilft es, das ganze Leben unter die Lupe zu nehmen.
Er sticht, er zieht, er drückt oder schießt ein wie der Blitz: der Schmerz. Als unangenehme Sinnes- und Gefühlswahrnehmung wird er definiert. Dabei ist er auf den ersten Blick eigentlich einer von den Guten: Schmerz sorgt dafür, dass wir uns schonen und die verletzte Stelle heilen kann. Ein Schutzmechanismus also. Wird er aber chronisch, ist er schwer loszuwerden. Denn im Körper entsteht dann das sogenannte Schmerzgedächtnis.
Fehlerhaftes Signal
In Österreich leiden offiziell 1,8 Millionen Menschen unter chronischen Schmerzen. Die Dunkelziffer ist aber viel höher, sagt Dr. Astrid Pinsger-Plank, Fachärztin für Traumatologie und Orthopädie und Expertin für Schmerztherapie. Tendenz steigend: Immer mehr Menschen stehen unter Stress, leben ein hektisches Leben und verbringen viel Zeit sitzend, beispielsweise vorm Computer in der Arbeit. Unter anderem durch Fehlhaltungen nehmen Schmerzen zu. Der Ursprung der chronischen Schmerzen liegt im Gehirn und im Rückenmark: „In unserem ganzen Körper befindet sich ein Schmerznetzwerk auf verschiedenen Ebenen. Im Rückenmark etwa haben wir Fasern, die mit dem Gehirn verschalten sind. Findet hier eine Dauererregung statt, kann das zur Langzeit-Potenzierung führen – der Schmerz bleibt also, auch wenn er keinen Auftrag mehr zu erfüllen hat.“
Von heute auf morgen bildet sich kein Schmerzgedächtnis. Wenn man aber mindestens drei Monate lang Schmerzen empfindet, baut sich das Gehirn um und manche Areale werden aktiver – die Schmerzen bleiben als eine Art Erinnerung erhalten. Auch im Nervensystem können Schmerzreize Spuren hinterlassen und die Empfindsamkeit gegen Schmerzreize erhöhen. Daher rät die Medizinerin jedem Menschen, der länger als 14 Tage Schmerzen hat, zu hinterfragen, was im Körper los ist.
„Man kann den erlernten chronischen Schmerz wieder verlernen und mit etwas anderem übertönen.“
Text: Daniela Rittmannsberger | Fotos: iStock_luckystep (2), beigestellt
Mehr zum Thema „Wenn der Schmerz bleibt” erfahren Sie in GESUND & LEBEN 04/23.