Zweifelhafter Trend: Was steckt hinter knackenden Wirbeln?

Die Videoplattform TikTok bringt regelmäßig neue Trends hervor. Aktuell sind insbesondere Chiropraktik-Clips überaus beliebt, in denen Menschen ihre Wirbelsäule mit spektakulären Bewegungen zum Knacken bringen. Millionen von Nutzerinnen und Nutzern sehen sich das fasziniert an - und überlegen anschließend, ob sie auf diese Weise nicht ihre eigenen Rückenschmerzen behandeln können.

Tatsache ist allerdings, dass Techniken aus der Chiropraktik gesundheitsgefährdend sein können, wenn sie von Laien angewendet werden. Welche Risiken der aktuelle TikTok-Hype birgt und welche sinnvollen Alternativen bei Rückenschmerzen in Betracht kommen, erklärt Alexander Srokovskyi, Physiotherapeut und internationaler Coach für Osteopathie in Verbindung mit Neuroathletik und Entwickler einer weltweit eingesetzten KI im Bereich Gesundheitsvorsorge.

Risiken von fehlerhaft angewendeten Manipulationen

Internettrends aus dem medizinischen Bereich müssen nicht per se schlecht sein; einige von ihnen fördern tatsächlich eine gesündere Lebensweise, beispielsweise die 10.000-Schritte-Challenge. „Der aktuelle Trend auf TikTok hingegen ist mehr als fraglich“, betont Alexander Srokovskyi. „Insbesondere bei Handgriffen an der Halswirbelsäule können Mikrorupturen der Blutgefäße, also besonders feine Verletzungen an den Adern, die Folge sein. Diese können letztlich sogar zu einem Schlaganfall führen.“ Hinzu kommen drohende Verletzungen, die zu dauerhaften Einschränkungen führen können, wenn die Manipulationen aus der Chiropraktik von einem Laien angewendet werden. Vor allem Wirbelverschiebungen, Bandscheibenvorfälle oder Nervenkompressionen beeinträchtigen die Beweglichkeit und können chronische Schmerzen nach sich ziehen.

Ganzheitlicher Ansatz bei Schmerzen

„Abgesehen von den Risiken entsprechen die TikTok-Clips aufgrund der Konzentration auf den einen Aspekt des Einrenkens auch nicht gängigen medizinischen Empfehlungen”, sagt der Physiotherapeut. Diese verfolgen nämlich einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem es nicht nur darum geht, mithilfe eines Handgriffs eine Verspannung zu lösen. Stattdessen sollte auch immer Ursachenforschung zur Behandlung gehören, um herauszufinden, wodurch die Schmerzen überhaupt entstanden sind. Andernfalls droht schon nach kurzer Zeit eine erneute Verschlechterung.

Gezielte und funktionelle Übungen, die die betroffene Muskulatur funktionell stärken, sowie Maßnahmen, um die schmerzauslösenden Dysbalancen dauerhaft zu beseitigen, stellen daher nicht nur eine schonendere, sondern auch eine langfristig bessere Alternative dar. „Aus medizinischer Sicht wird sogar allgemein von regelmäßigem isoliertem Einrenken ohne begleitendes funktionelles Training abgeraten“, so Srokovskyi.

Qualifiziertes Fachpersonal aufsuchen

Wer eine chiropraktische Behandlung zur Linderung von Schmerzen in Erwägung zieht, sollte deshalb darauf achten, dass der durchführende Chiropraktiker bzw. die Chiropraktikerin über eine fundierte Ausbildung verfügt und umfassende Kenntnisse über die anatomischen Zusammenhänge und notwendige Voruntersuchungen besitzt. Außerdem sollte die Behandlung stets auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten/der Patientin angepasst werden. „Wenn die Therapie darüber hinaus um Maßnahmen zur funktionellen Stärkung der Wirbelsäule ergänzt wird, etwa aus dem Bereich der Physiotherapie, insbesondere der gezielten Trainingstherapie, stehen die Chancen gut, dass man langfristig von den Schmerzen befreit wird. Selbstbehandlungen auf der Grundlage von TikTok-Videos hingegen stellen unter keinen Umständen eine sinnvolle Alternative dar und können die Symptome sogar verschlimmern“, so der Physiotherapeut abschließend.


Text: Lisa Schoißengeier | Bild: Alexander Srokovskyi


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