Unsichtbare Gefahr
Stoffwechselerkrankungen zählen zu den häufigsten Gesundheitsproblemen in Österreich. Eine frühzeitige Diagnose ist wichtig, um gefährliche Spätfolgen zu verhindern.
Stoffwechselprozesse sind für unseren Körper essenziell, um lebenswichtige Funktionen aufrechtzuerhalten. Er benötigt sie beispielsweise, um Energie zu gewinnen, Nährstoffe zu verarbeiten und Abfallprodukte zu eliminieren. Doch falsche Ernährung, Bewegungsmangel, genetische Faktoren oder hormonelle Veränderungen können unserem Stoffwechsel schaden: „Stoffwechselprozesse kann man sich vereinfacht wie eine Reihenfolge chemischer Reaktionen vorstellen. Sie sind auf die ordnungsgemäße Funktion von Enzymen, Hormonen und Organen angewiesen. Ein Ungleichgewicht in diesem System kann zu Störungen und in weiterer Folge zu Erkrankungen führen“, erklärt Prim. Dr. Polys Polydorou, Vorstand der Abteilung für Innere Medizin, Geriatrie und Stoffwechselerkrankungen und des Zentrums ZEUS am Landesklinikum Baden-Mödling, Standort Mödling.
800.000 MENSCHEN in Österreich leiden an einer Form von DIABETES MELLITUS
Prim. Dr. Polys Polydorou
Vorstand für Innere Medizin, Geriatrie und Stoffwechselerkrankungen und des Zentrums ZEUS am Landesklinikum Baden-Mödling, Standort Mödling
Jeder Zehnte betroffen
Stoffwechselstörungen betreffen unterschiedliche Nährstoffklassen. So spricht man von Störungen des Fettstoffwechsels, zu denen etwa erhöhtes Cholesterin zählt, Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels – Diabetes mellitus ist in diesem Bereich die bekannteste und häufigste Störung – oder Störungen des Eiweißstoffwechsels, die seltener auftreten. „Derzeit leiden zirka 800.000 Menschen in Österreich an einer Form von Diabetes mellitus, das bedeutet, dass im Grunde genommen jeder zehnte Mensch in Österreich erkrankt ist. Expertinnen und Experten zufolge wird diese Zahl bis zum Jahr 2045 auf eine Million Betroffene in Österreich ansteigen“, betont Polys Polydorou. Besonders problematisch, so der Arzt, ist, dass Stoffwechselerkrankungen häufig über einen langen Zeitraum hinweg unbemerkt bleiben: „Viele Betroffene spüren lange keine Symptome. Nehmen wir den Diabetes mellitus als Beispiel: Symptome wie vermehrter Harndrang, deutlich gesteigertes Durstgefühl, Müdigkeit und Konzentrationsstörungen sowie Sehstörungen treten in der Regel erst bei sehr hohen Blutzuckerwerten bzw. einer Blutzuckerentgleisung auf.“ Zu den häufigsten Folgeerkrankungen eines schlecht kontrollierten Diabetes gehören die diabetische Polyneuropathie (Schädigung des Nervensystems) und die diabetische Angiopathie (Schädigung der Blutgefäße). Diese können zu ernsthaften körperlichen Einschränkungen führen, die den Alltag der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Polydorou empfiehlt daher die jährliche Gesundenuntersuchung ab dem 18. Lebensjahr. „Gerade bei familiärer Vorbelastung ist es wichtig, frühzeitig Risikomarker zu kontrollieren“, betont er. Diese Untersuchungen bieten die Möglichkeit, Stoffwechselerkrankungen schon in einem frühen Stadium zu erkennen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Dennoch müssen sich Betroffene meist ein Leben lang mit ihrer Erkrankung auseinandersetzen. „Abhängig von der erforderlichen Therapie ist zu beachten, dass die Umsetzung einen Einfluss auf den Alltag der betroffenen Menschen hat: Egal ob Blutzuckermessungen mittels Blutzuckermessgerät oder Sensor, die tägliche Medikamenteneinnahme oder eine mehrmals täglich nötige Insulingabe – all dies muss von Patientinnen und Patienten jeden Tag in ihrem Alltag Platz finden – egal, ob im Berufsleben, im Urlaub oder an Feiertagen“, gibt Polydorou zu bedenken.
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Gut zu Wissen!
Der Stoffwechsel und seine Erkrankungen
Was ist der Stoffwechsel?
Unser Stoffwechsel (Metabolismus) umfasst alle chemischen Prozesse im Körper, die Energie bereitstellen, Nährstoffe verarbeiten und Abfallstoffe entsorgen.
Warum ist er wichtig?
Er sorgt dafür, dass unser Körper funktioniert – von der Zellregeneration bis zur Energieversorgung von Organen.
Häufige Erkrankungen:
Diabetes mellitus: Störung des Kohlenhydratstoffwechsels
Fettstoffwechselstörungen: Hohe Cholesterinwerte, die Herz-Kreislauf-Risiken erhöhen
Schilddrüsenerkrankungen: Über- oder Unterfunktion, die den gesamten Stoffwechsel beeinflussen
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Text: Michaela Neubauer⎪Fotos: istock Staras, beigestellt