Kindlicher Schmerz
Wenn sogar Stiegen steigen zur Herausforderung wird, ist es wichtig, ärztliche Betreuung zu suchen.
Mein jüngster Sohn hat mal zu mir gesagt: ,Mama, weißt du, ein Leben ohne Schmerzen, das kenne ich gar nicht‘. Bei ihm wurde im Alter von acht Jahren kindliches Rheuma diagnostiziert. Wer weiß, wie lange er davor schon Beschwerden hatte. Heute ist er 28 und lebt mit Rheuma. Je früher die Kinder den Schmerz kennenlernen, desto eher erscheint er ihnen normal“, erzählt Karin Formanek, Leiterin des Vereins Rheumalis, dessen Leitspruch „Kompetenz, Rat und Hilfe für an Rheuma erkrankte Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und Angehörige“ lautet. Die 58-jährige Wienerin hat selbst im Kindesalter eine Rheumadiagnose gestellt bekommen, damals war man jedoch der Meinung, es genüge, die Mandeln zu entfernen. Erst viele Jahre später haben ihr die Ärzte ihres Sohnes eine an sie angepasste Therapie ermöglicht und helfende Medikamente verschrieben.
Rheuma im Kindesalter kann unbehandelt einen negativen Einfluss auf das Wachstum haben.
Knifflige Diagnose
Kindliches Rheuma ist nicht leicht zu diagnostizieren, es braucht dafür äußerstes Feingespür der Eltern, Kinderärztinnen und -ärzte. Erste rheumatische Anzeichen können sein, wenn sich Kinder plötzlich nicht mehr gerne fest umarmen lassen, wenn sie Schonhaltungen einnehmen oder wenn sie sich anders bewegen. Tendenziell geht es den Betroffenen in der Früh schlechter als nachmittags. Eltern sollten auf geschwollene oder erwärmte Gelenke achten, etwa an den Fingern, Zehen, Hand- und Fußgelenken. „Kinder äußern Schmerz anders und können ihn nicht richtig einordnen. Entweder sagen sie pauschal, sie hätten Bauchweh oder sie ziehen sich in ihr Zimmer zurück, nachdem sie vom Herumtoben nachhause kommen. Und das deshalb, weil ihnen das Hüpfen und Laufen weh tut. Mein Enkel hat beispielsweise gesagt, die Schuhe oder Socken täten ihm weh, dabei waren es eigentlich seine Gelenke“, so Formanek. Schwierig wird es, wenn Rheuma an den Augen startet. Rheumatische Augenentzündungen sind heimtückisch, sie werden von den Betroffenen weder gespürt noch können Eltern sie von außen optisch wahrnehmen. Unentdeckt führen sie zur Erblindung. „Nur die sogenannte Spaltlampen-Untersuchung, bei der das Auge stark vergrößert wird, macht die Entzündung sichtbar. Diese Untersuchung ist aber nicht Teil einer herkömmlichen Kontrolle bei der Augenärztin, beim Augenarzt“, erklärt Formanek.
Text: Lisa Strebinger | Foto: ZVG, iStockphoto / Imgorthand
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