Sommer ohne Schwitzen
Schwitzen ist eine der natürlichsten Angelegenheiten. Was aber tun, wenn eine unkontrolliert starke Schweißproduktion zur psychischen Belastung wird?
Gesunde Menschen verlieren mindestens einen halben Liter Schweiß pro Tag. Große Hitze und starke körperliche Anstrengung lassen die Transpirationsmenge auf bis zu sechs Liter ansteigen. Rund jeder dreißigste Mensch in Österreich betrachtet sein Schwitzen als störend, jeder hundertste sucht deshalb eine Ärztin, einen Arzt auf. Hyperhidrose wird im Fachjargon vermehrtes Schwitzen genannt. Es kann generalisiert den gesamten Körper betreffen oder nur an bestimmten Körperregionen auftreten, wie beispielsweise unter den Achseln, an der Stirn, an den Hand-innenflächen oder an den Fußsohlen.
Salben & Bäder
Die Medizin hält Naturheilverfahren, minimal-invasive Methoden und Operationen parat, um die scheinbar unerschöpflichen Schweißquellen versiegen zu lassen. Als durchaus erfolgsversprechend zeigt sich eine Lokaltherapie mit Antitranspirantien. Hierbei werden vor dem Zubettgehen aluminiumhaltige Salben an den betroffenen Stellen aufgetragen. Die Ausführungsgänge der Schweißdrüsen werden dabei regelrecht verschlossen.
Stromschläge & Botox
Sind Hände oder Füße betroffen, zeigt sich die sogenannte Leitungswasser-Iontophorese als erfolgversprechend. Über 80 Prozent der Behandelten berichten von einer massiven Verbesserung durch diese Therapieform, bei der ein kleines stromerzeugendes Gerät an zwei Plastikschalen angeschlossen wird, in die jeweils ein Fuß oder eine Hand hineinpassen. Die Behälter werden mit Leitungswasser gefüllt, welches als Träger des elektrischen Stroms dient.
Während zwanzig- bis dreißigminütiger Fuß- oder Handbäder erfahren die Schweißdrüsen immer wieder kleine Stromstöße, die als Kribbeln empfunden werden. Die elektrische Ladung beeinflusst die Zellen der Schweißdrüsenausgänge derart, dass es bei regelmäßiger Anwendung zu einer Reduktion der Schweißbildung kommt. Die Kosten für ein Heimgerät betragen rund 600 Euro, man kann es auch monatsweise mieten. Nach den ersten Erfolgen wird die Therapie zu Erhaltungszwecken ein bis zwei Mal pro Woche fortgesetzt. Bei Hyperhidrose im Gesichtsbereich oder unter den Achseln sind im Regelfall Botulinumtoxin-Injektionen, kurz Botox, am vielversprechendsten. „Das Mittel wird über kleine Stiche in die betroffenen Areale eingebracht. Diese Methode hemmt die Schweißproduktion für drei bis neun Monate“, erklärt Pesendorfer. Bei Botox handelt es sich im Übrigen um ein Nervengift, das die Erregungsübertragung von Nervenzellen stoppt. Laienhaft ausgedrückt: Es unterdrückt den Befehl „Schwitzen“ von den Nervenzellen zur Schweißdrüse. “Für die Therapie muss man jedenfalls mit mehreren Hundert Euro pro Jahr rechnen,” weiß Pesendorfer.
Wir müssen schwitzen, um unseren Körper vor Überhitzung zu schützen.
Text: Lisa Strebinger | Fotos: Philipp Detter, iStockphoto / Denis Vyalov
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