„Den Kindern Alternativen bieten“

Der Sportpsychotherapeut und Pädagoge Fritz Weilharter spricht sich vehement gegen eine Digitalisierung der Kindheit aus. Smartphone, Tablet und Co. sollten erst spät und dann auch nur sparsam zum Einsatz kommen, damit Kinder ihre natürlichen Begabungen entfalten können. 

Herr Weilharter, oft wissen schon die ganz Kleinen, wie sie ein Smartphone oder ein Tablet bedienen können. Auch in manchen Kindergärten gibt es digitale Angebote. Was halten Sie davon?

Je intensiver, je regelmäßiger und je früher Kinder digitale Medien konsumieren, umso wahrscheinlicher sind später Probleme mit Lernmotivation, Durchhaltevermögen, Eigenständigkeit und Selbstvertrauen. Ein Vorschulkind, das viel in Bildschirme schaut, verhält sich schon im Kindergarten mit hoher Wahrscheinlichkeit problematisch, passiv oder hypermotorisch. Im Kindergarten und auch in der Volksschule sollten digitale Geräte also möglichst verbannt bleiben. Ich würde mein Kind nicht in einen Kindergarten geben, in dem damit gearbeitet wird. 

Digitale Geräte bieten rasche Ablenkung und verschaffen Eltern oft Momente der Ruhe. Was ist dagegen einzuwenden?

Es scheint tatsächlich eine Win-Win-Situation zu sein, weil die Kinder am Handy oder am Tablet beschäftigt sind. Aber das ist ein Trugschluss. Kinder, die großteils analog aufwachsen, bekommen die Gelegenheit ihre Begabungen zu entfalten. Sie lernen, Langeweile auszuhalten. Und wir wissen, dass Langeweile wichtig ist für die Entwicklung von Kreativität und Frustrationstoleranz. 

Sie plädieren dafür, Kindern frühestens ab dem 12. Geburtstag – besser erst ab 14 - ein Smartphone zu kaufen. Warum so spät?

Kinder sollten erst ein Smartphone bekommen, wenn sie die individuelle Reife dazu haben, die sich an einem mäßigen und gezielten Nutzungsverhalten zeigt. Das Problem bei Smartphones ist, dass man durch die Algorithmen angeregt wird, so lange wie möglich vor dem Gerät sitzen zu bleiben. Die Glückshormone Dopamin und Serotonin werden ausgeschüttet und regen im Gehirn das Belohnungssystem an. Kinder und Jugendliche verbringen deshalb oft viel Zeit vor den Bildschirmen, was negative Auswirkungen auf die Psyche, die Augen, die Sozialkontakte haben kann und Bewegungsmangel und Schlafstörungen fördert. 

Für Eltern kann es schwer sein, dem Druck ihres Kindes nicht nachzugeben, das sich ein Smartphone wünscht, weil angeblich alle anderen auch eines haben. 

Das stimmt. Man muss da viel Gegenwind aushalten können, es braucht Geduld und Ausdauer. Es kann hilfreich sein, sich mit anderen Eltern zusammen zu schließen, die ebenfalls diesen Weg gehen. Es braucht viel Engagement der Eltern, die sich Zeit für sie nehmen, ihnen Alternativen bieten. Von klein auf sollen Eltern analoge Beschäftigungen, die den Kindern Freude bereiten, pflegen, sodass sie diese Dinge auch allein immer wieder gerne tun und somit üben. Außerdem ist die Vorbildwirkung von Eltern enorm. Im Beisein der Kinder, vor allem der kleinen, sollten sie das Smartphone stecken lassen beziehungsweise sehr sparsam nutzen. 


Text: Sandra Lobnig | Fotos: Unsplash

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