Der tägliche Schmerz
Ursula Anna Polgar leidet an Fibromyalgie. Täglich begleiten die Niederösterreicherin Schmerzen am ganzen Körper und bestimmen ihren Alltag.
Wenn Ursula Anna Polgar in der Früh aufwacht, fühlt sie sich, als hätte sie eine Grippe. Und das jeden Tag. An schlechten Tagen fällt ihr die Kaffeetasse aus der Hand, weil sie keine Kraft mehr hat. Und manchmal kann sie nur Brei essen, weil ihr Kiefer zu sehr schmerzt. Lange Zeit weiß sie nicht, warum sie andauernd Schmerz empfindet. Bis sie 2015 die Diagnose erhält: Sie leidet an Fibromyalgie, einer chronischen Schmerzerkrankung.
Tägliche Schmerzen
Die heute 48-Jährige lebt vor ihrer Erkrankung ein erfülltes Leben: Sie arbeitet als Altenfach- und Behindertenbetreuerin und diplomierte Fitnesstrainerin, sportelt täglich und ernährt sich gesund. 2013 beschließt sie, eine dreimonatige Pathologie-Ausbildung zu absolvieren. Bei einer Aufnahme-Untersuchung wird der Arzt stutzig und sagt: „Was haben Sie denn hier am Hals?“ Es handelt sich um einen Schilddrüsen-Tumor, der auf die Luftröhre und Speiseröhre drückt und sie deformiert. Im März 2014 wird Ursula Anna Polgar schließlich operiert. Drei Monate nach der Operation sind die Halsschmerzen immer noch da. Die Frau fühlt sich seit ihrer OP täglich krank und schlapp. Als sie mit ihrem Arzt darüber spricht, versichert er ihr, dass die Schmerzen keine Nachwirkungen des Eingriffs sein können. Ein halbes Jahr nach der Operation hat Ursula Anna Polgar abwechselnd am ganzen Körper Schmerzen. Manchmal kann sie nicht im Bett liegen, weil ihr Rücken so steif ist. Oder ihre Finger schmerzen und sie kann kein Marmeladenglas öffnen. Die Frau sucht in dieser Zeit eine Vielzahl von Ärztinnen und Ärzten auf. Woran sie leidet, erkennt niemand. Sie liest sich selbst in die Thematik ein und findet schließlich ein Buch über die Schmerzerkrankung. Kurz darauf bestätigt schließlich ein Rheumatologe, dass sie tatsächlich an Fibromyalgie leidet. Es handelt sich dabei um eine Ausschlussdiagnose, denn wirklich messen kann man die Krankheit nicht: „Die Krankheit hat keine organische oder psychische Ursache. Meine Blutwerte sind nicht auffällig“, sagt Ursula Anna Polgar. Stattdessen unterliegen bei Fibromyalgie die neuronalen Strukturen im Gehirn ständigen Veränderungen. Die Gehirnschaltzentrale sendet kontinuierlich Stress an den Körper, und der wiederum antwortet mit Schmerzreaktionen an das Gehirn zurück. Die Frau leidet durch ihre Fibromyalgie nicht nur an Schmerzen, sondern auch an einer Befindlichkeitsstörung. Diese äußert sich meist durch Erschöpfung, Misophonie (Empfindlichkeit gegenüber Geräuschen) und Hochsensibilität.
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Text: Daniela Rittmannsberger | Foto: Privat
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