Guter Sommer, böser Sommer

Mehr Energie, mehr Lebensfreude – und ein längeres Leben: Wer den Sommer und die Sonne vernünftig genießt, tut auch der eigenen Gesundheit und dem Wohlbefinden Gutes.
Hitze und Sonne haben leider auch ihre Schattenseiten: Warum Sie in den Sommermonaten vor allem auf Ihr Herz, Ihren Blutdruck, Ihre Haut und Ihre Augen achten sollten.

Seit 2016 ist es amtlich: Der Aufenthalt in der Sonne ist gesund. Zu diesem Ergebnis kam die renommierte Karolinska-Universität Stockholm, deren Forscherteam für eine Langzeitstudie fast 30.000 Schwedinnen über einen Zeitraum von 20 Jahren wissenschaftlich begleitete. Es zeigte sich, dass Sonnenanbeterinnen grundsätzlich länger lebten als jene, die der Sonne lieber aus dem Weg gingen. Chinesische Wissenschafter stellten zudem fest, dass ältere Menschen, die viel Zeit in der Sonne verbringen, auch geistig fitter sind. Das Ergebnis wurde mit der gesteigerten Produktion von Vitamin D in Zusammenhang gebracht. Sommer, Sonne, mehr Bewegung, leichte Kost und ein Cocktail glücksbringender Hormone – all das hat in der heißesten Jahreszeit Hochsaison. Bekanntlich macht aber die Dosis das Gift. Zu viel Sommer und Sonne wirken sich negativ auf unsere Gesundheit aus. GESUND & LEBEN hat mit Dr. Elisabeth Rosenbaum-Medani, Fachärztin für innere Medizin aus Wien, erläutert, wie Sie gesund durch den Sommer kommen und wo Vorsicht geboten ist.

 

DIE SONNENSEITEN

Gute Mischung

Oh Augenblick, verweile doch, du bist so schön! An manchen Sommertagen könnte man meinen, Johann Wolfgang von Goethe hätte diese Worte als Ode an die wärmste Jahreszeit zu Papier gebracht.  So azurblau präsentiert sich der Himmel, so omnipräsent strahlt die Sonne, so lange erstrecken sich die Tage, bevor sie lauen Abenden Platz machen. Sommer tut uns einfach gut, die gute Laune stellt sich wie von selbst ein. „Das liegt zum großen Teil daran, dass das natürliche Licht der wichtigste Taktgeber für unser zirkadianes System, unsere innere Uhr, ist“, erläutert Dr. Rosenbaum-Medani. „Dieses steuert unseren Schlaf-wach-Rhythmus, unseren Hormonhaushalt und die Körpertemperatur.“ Wir sind im Sommer nicht nur länger wach, sondern profitieren auch von einer Umstellung des Melatonin- und Serotoninhaushalts. Verantwortlich dafür sind die natürlichen Sonnenstrahlen, die über die Netzhaut auf die lichtempfindlichen Ganglienzellen treffen und dort für die Ausschüttung bestimmter Botenstoffe sorgen. Gelangen diese über die Nervenfasern zum sogenannten Nucleus suprachiasmaticus (SCN) im Inneren des Gehirns, führt dies zu einer Drosselung des Schlafhormons Melatonin und zu einer Ausschüttung des Glückshormons Serotonin. „Gleichzeitig wird auch Dopamin ausgeschüttet. Der Botenstoff gibt uns Antrieb und Energie“, erläutert Rosenbaum-Medani. Kein Wunder also, dass wir uns im Sommer beschwingter und motivierter fühlen.

Dr. Elisabeth Rosenbaum-Medani, Fachärztin für innere Medizin im Ärztezentrum „The Aurora“, Oberärztin im Krankenhaus Göttlicher Heiland, Wahlärztin für alle Kassen, Wien

 

„Durch die natürlichen Sonnenstrahlen wird Dopamin ausgeschütttet. Der Botenstoff gibt uns Antrieb und Energie.“

 

DIE SCHATTENSEITEN

So schön die wärmste Zeit des Jahres ist, sie kann unsere Gesundheit auch gefährden. Zu viel Sonne lässt beispielsweise unsere Haut vorzeitig altern, verursacht chronische Schäden am Bindegewebe, sorgt für die Entstehung von Falten, Pigmentstörungen und Altersflecken und führt im schlimmsten Fall zu Hautkrebs. „Schon jeder Sonnenbrand stellt eine Verbrennung ersten oder zweiten Grades dar und erhöht das Risiko, später an einem Melanom zu erkranken. Deshalb ist guter Schutz essenziell“, so Dr. Rosenbaum-Medani. (Lesen Sie dazu unsere Tipps für optimale Sonnenpflege).

Überhitzt

Intensive Sonnenstrahlung und Hitze belasten aber auch den Kreislauf. „Wenn Kopf und Nacken zu intensiv der Sonne ausgesetzt sind, kann daraus zum Beispiel ein Sonnenstich resultieren“, warnt die Ärztin. Dabei kommt es zu einer Reizung der Hirnhäute und einem Hitzestau im Kopf. Die Folge: eine Schwellung des Gehirns und der Anstieg des Hirndrucks. „Noch ernster, wenn auch seltener, ist ein Hitzschlag, er betrifft den ganzen Körper.“ Dieser überhitzt so stark, dass sein Regulierungssystem ausfällt und die Schweißproduktion nicht mehr funktioniert. Es besteht Lebensgefahr. „Ich rate daher dazu, intensive Sonne gerade während der Mittagszeit zu vermeiden, immer einen Kopfschutz zu tragen und auf genügend Flüssigkeitszufuhr zu achten“, so die Internistin. Genug bedeutet bei großer Hitze mindestens zwei bis drei Liter Flüssigkeit pro Tag, um Dehydrierung aufgrund verstärkten Schwitzens zu vermeiden. „Wenn Sie merken, dass Sie müde und abgeschlagen sind, wenn der Blutdruck fällt oder Sie Kopfschmerzen haben oder wenn Sie wenig Harn produzieren, sind das bereits Warnzeichen.“ Gerade bei älteren Menschen kann es zu einer beeinträchtigten Nierenfunktion, zu einem Abfall des Blutdrucks bis hin zum Kollaps kommen. „Wenn Sie das Gefühl haben, zu viel Sonne und Hitze abbekommen zu haben, hilft neben Flüssigkeitszufuhr auch, sich in einen ruhigen, kühlen Raum zurückzuziehen, dem Körper Ruhe zu gönnen und die Beine hoch zu lagern. In ernsteren Fällen muss jedoch sofort die Rettung verständigt werden.“

Tipps vom Profi: Sonne gerade während der Mittagszeit meiden, immer einen Kopfschutz tragen und auf genügend Flüssigkeitszufuhr achten.


Text: Claudia Sebunk | Fotos: ISTOCK_EGORR, BEIGESTELLT
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