Miteinander statt nebeneinander

In Waidhofen/Ybbs erbaute der Verein „Gemeinschaftlich Wohnen – die Zukunft“ ein Wohnhaus, in dem 20 Erwachsene und 13 Kinder gemeinsam leben. 

Daniela, Anna und Helga (v.l.) fühlen sich wohl in ihrem neuen Zuhause

Jacke um Jacke reiht sich in der großen Garderobe. Kleine Jacken, große Jacken, bunte Jacken. Und jede Menge Schuhe. Jedes Garderobenabteil gehört zu einer Wohnung. 20 Erwachsene und 13 Kinder leben in dem großen Wohnhaus in Waidhofen/Ybbs nicht nur nebeneinander, sondern vor allem miteinander. 

In einen Hang hineingebaut liegt das große Wohnhaus des Vereins „GeWoZu – Gemeinschaftlich Wohnen – die Zukunft“. Viel Holz umsäumt das Haus. Und jeweils ein Balkon pro Stockwerk, der fast das ganze Haus umrahmt. Im Sommer vergangenen Jahres zogen die Bewohnerinnen und Bewohner ein. Die Idee, ein Haus für mehrere Familien zu bauen, entstand 2017 – im Kopf von Gründer Jakob Anger: Der Waidhofner und seine Frau wollten sich den Wunsch nach einem Eigenheim erfüllen. Und kamen so auf den Gedanken, gemeinsam mit anderen Familien zu bauen. Vier Familien gewann Jakob für seine Idee und fing an, das Gebäude zu planen. Das Grundstück am Hang im Waidhofner Stadtteil Zell mit seinen alten Obstbäumen sollte nur zu einem gemeinschaftlichen Zweck verkauft werden. Die Tochter des verstorbenen Vorbesitzers verkaufte es in „diesem Sinne an uns“, erzählt Angi Groß. In der Zwischenzeit interessierten sich immer mehr potenzielle Bewohnerinnen und Bewohner für das Wohnprojekt. Jakob Anger gründete den Verein „GeWoZu“ und gemeinsam kauften sie das Grundstück. Drei Jahre Planungsphase folgten, bei der sich die Bewohnerinnen und Bewohner einbringen konnten: Sie gründeten Arbeitskreise und entwarfen mit einem Planungsbüro das Haus. 2020 begannen schließlich die Bauarbeiten. Ein Jahr später – im Juli 2021 – zogen die ersten Bewohnerinnen und Bewohner ein. 

Angi Groß öffnet die Glastür im Erdgeschoss. Wer hier eintritt, muss sich die Schuhe ausziehen, denn „wir sind ein schuhfreies Haus“, erklärt die 26-Jährige. Sie ist die jüngste Erwachsene, die vor einem halben Jahr in das Wohnprojekt eingezogen ist. Neben dem Eingangsbereich befindet sich die Garage. Der Vorplatz bietet für auffallend wenige Autos Platz. Als Angi Groß die Garage öffnet, kommen zahlreiche Fahrräder und zwei Lastenräder zum Vorschein. Manche Familien teilen sich ein Auto, klärt Angi Groß auf. Dafür haben sie extra einen Carsharing-Verein gegründet. Die meisten nutzen das Rad, um in die Stadt zu fahren, die nur fünf Minuten entfernt ist. Im Keller des Hauses befindet sich eine große Werkstatt, bei der das Werkzeug von allen benutzt werden kann. Im Raum daneben befindet sich die „Food Coop“: Wie ein kleiner Kaufmannsladen aufgebaut, gibt es dort größere Mengen von jenen Lebensmitteln, die die meisten Bewohnerinnen und Bewohner benötigen: Eier zum Beispiel. Aber auch Gemüse, Getreide und Honig. Abgerechnet wird am Ende des Monats. 

„Wenn man gemeinsam ein Haus baut, trägt man die Last nicht als Paar.“


Text:  Daniela Rittmannsberger | Foto:  Daniela Führer
Mehr zum Thema „Miteinander statt nebeneinander” erfahren Sie in GESUND & LEBEN 05/22.

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