Schenken mit Seele

Schenken: Für viele ein schöner Brauch, für manche eine schwere Aufgabe. Was Schenken in unserer Kultur bedeutet, warum es glücklich macht und wie man dem Geschenkestress entkommt.

„Geben ist seliger denn nehmen“ steht schon in der Bibel. Tatsächlich ist der Brauch des Schenkens weltweit in allen Kulturen und Traditionen zu finden. Mit Geschenken knüpfen, pflegen und vertiefen wir unsere Beziehungen mit anderen, und das Geben an sich hat sich zu einem Ritual entwickelt, mit dem wir Anerkennung, Liebe, Freundschaft und vieles mehr ausdrücken können. Wie fast alles im Leben ist die Sache natürlich auch ambivalent oder vielmehr vielfältig und komplex, erklärt die Psychologin und Psychotherapeutin Mag. Maria Fallmann aus Königstetten (NÖ): „Ein Geschenk kann vieles sein: Liebesbezeugung, Fessel, Schlussstrich, Anlass für Scham oder Glück. Immer aber ist es eine Offenbarung: Ich habe an dich gedacht.“ Und es hängt fast immer noch viel mehr dran, als man auf den ersten Blick sieht: „Passt das Geschenk, zeugt es von Einfühlungsvermögen und Nähe, andernfalls von Distanz, vielleicht gar von Ignoranz.“

Nicht immer uneigennützig

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch das Faktum, dass der Brauch des Schenkens evolutionsbiologisch in uns angelegt ist und auch viel mit unserer Sozialisation und vielen Traditionen zu tun hat. Schenken als Überlebens-Hilfe. Schenken als Verweis auf die eigene Zugehörigkeit zu einer Gruppe, einer Bevölkerungsschicht, einer Region. Und zusätzlich spielen beim Schenken oft ganz unterschiedliche Beweggründe eine Rolle, die auch nicht immer ganz uneigennützig sind. Man denke nur an Bestechungsgeschenke im weitesten Sinn. Hinter einem Geschenk können auch ganz eindeutige Ziele des Gebers stecken. Berühmt sind in diesem Zusammenhang sogenannte Danaer-Geschenke, die sich für die Empfänger als unheilvoll und schadenstiftend erweisen. Der Begriff Danaer-Geschenk geht übrigens auf die griechische Mythologie zurück und meint das hölzerne Trojanische Pferd, mit dessen Hilfe die Danaer (Griechen) die Stadt Troja eroberten.

Schenken macht glücklich

Doch zurück in die Gegenwart und hin zu gut gemeinten Geschenken: Heute wissen wir nämlich aus der Hirnforschung, dass beim Schenken unser Belohnungssystem im Gehirn aktiviert wird und Freude und Glückshormone ausgeschüttet werden. Schenken macht also definitiv glücklich. Die Frage ist nur, ob auch das Empfangen von Geschenken immer glücklich macht, und da wir etwas wie eine soziale Verpflichtung, ein Geschenk auch anzunehmen. Sollte nicht so schwierig sein, könnte man meinen. Denkt man aber etwa an Geschenke wie die hundertzweite Krawatte oder das Haushaltsgerät unter dem Weihnachtsbaum, so wird klar, dass Geschenke nicht nur erfreuen, sondern auch enttäuschen, demütigen oder beleidigen können. „Auch übermächtige Geschenke, die man nicht erwidern kann oder will, können Belastung und Schuldgefühle auslösen. Es geht daher beim Schenken immer auch um Fairness und Balance“, betont die Psychologin Fallmann. „Geschenke sind auch eine Art Gradmesser für die Qualität einer Beziehung.“

Kleine Gabe – große Wirkung

„Es ist das Vorrecht der Größe, mit geringen Gaben hoch zu beglücken“, sagte schon Friedrich Nietzsche. Und in diesem Sinn sind der Kreativität beim Schenken keine Grenzen gesetzt. Dazu ist es auch hilfreich, sich nicht erst kurz vor dem Anlass Gedanken über die zu Beschenkenden zu machen. „Sich in den anderen einzufühlen kann dabei helfen, das passende Geschenk zu finden. Und bei einem guten Geschenk gibt man immer auch einen Teil des eigenen Ausdrucks, der eigenen Persönlichkeit mit“, weiß Maria Fallmann. Bei Kindern ist es hingegen sehr wichtig, etwas von ihrem Wunschzettel ans Christkind zu schenken, aber, so die Psychologin: „Maßhalten beim Schenken ist für die Entwicklung von Kindern sehr förderlich. Soziale und kreative Geschenke, gemeinsames Zeitverbringen und Ähnliches sollte als zentraler Lerngedanke in das Geschenke-Bereiten einfließen.“ Und: „Geschenke sollten nichts Selbstverständliches sein, und Dank und Respekt den Gebern gegenüber sollten auch eine gewisse Rolle spielen.“


Text: Gabriele Vasak | Foto: Unsplash

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