Vom Minus ins Plus

Eine Horrormeldung jagt die andere. GESUND & LEBEN hat mit Expertinnen und Experten gesprochen und weiß, wie man aus der Negativ-Spirale kommt.

Krieg, Corona, Klimakrise und Katastrophen prägen unser tägliches Leben. Doch ist das alles, was die Welt zu bieten hat? Passieren tatsächlich nur schreckliche Dinge oder könnte man nicht genauso über schöne Erlebnisse berichten – sowohl die Medien als auch wir selbst? Dürfen wir das überhaupt, wenn andernorts Menschen vor Krieg fliehen, an Hunger leiden oder die Nachbarin sterbenskrank ist? Die Antwort ist ja. Denn niemandem ist geholfen, wenn wir uns anhand all der negativen Dinge, von denen wir hören und lesen, unterkriegen lassen. Oder um es mit den Worten von Ronja von Wurmb-Seibel zu sagen: „Verzweiflung ist unrealistisch. Und ehrlich gesagt auch etwas bequem. Denn in Wirklichkeit können wir immer etwas tun. Und wenn wir uns nur auf das Positive konzentrieren.“

Knapp zwei Jahre war von Wurmb-Seibel als Reporterin in Kabul. Umgeben von schlechten Nachrichten hat die mehrfach ausgezeichnete Journalistin, Autorin und Filmemacherin, die heute wieder in der Nähe von München lebt, angefangen, Geschichten zu erzählen, die nicht nur Probleme aufzeigen, sondern vor allem auch mögliche Lösungen liefern. Anfangs war das wohl ein Selbstschutz, denn „wenn um mich herum zu viel Negatives passierte, wenn ich zu viele aussichtslose Geschichten hörte, zog es mir den Boden unter den Füßen weg“, so von Wurmb-Seibel. Wenngleich die Journalistin selbst Nachrichten macht, konsumiert sie so gut wie keine mehr. Sie konzentriert sich lieber darauf, Geschichten zu erzählen, die Mut machen. Und das tut sie unter anderem in ihrem Ende Februar erschienenen Buch „Wie wir die Welt sehen“ mit dem vielsagenden Untertitel: „Was negative Nachrichten mit unserem Denken machen und wie wir uns davon befreien können“. 

Ronja von Wurmb-Seibel, Journalistin, Autorin und Filmemacherin

 

„Verzweiflung ist unrealistisch. Und auch etwas bequem. Denn in Wirklichkeit können wir immer etwas tun.“ 

Was also ist das Problem? 

Früher gab es morgens beim Frühstück die Tageszeitung, abends die Nachrichten im Fernsehen und wenn man untertags mal das Radio eingeschaltet hat, stolperte man zuweilen auch dort über ein paar Neuigkeiten. Heute können wir rund um die Uhr und nicht selten fast in Echtzeit erfahren, was sich auf der ganzen Welt tut. Ob im Auto oder auf den Infoscreens in den Öffis, ob im Netz oder in den sozialen Medien: Wir sind umgeben von „Breaking News“, die in den überwiegenden Fällen negativ daherkommen. Und das wiederum löst bei den Konsumentinnen und Konsumenten Stress, Verunsicherung, Angst aus. Und mitunter reißen sie uns in eine regelrechte Negativ-Spirale.

Denk Dein Leben neu

„You are what you read“ lautet der Titel eines Buches, in dem die US-Autorin Jodie Jackson eindrücklich beschreibt, warum negative Nachrichten wie Junk Food sind. Die Auswirkungen sind zwar nicht in Form von Übergewicht zu sehen, jedoch definitiv spürbar – unter anderem etwa in Form von depressiven Verstimmungen und Angststörungen. Wer ausschließlich Negativmeldungen konsumiert, hat zudem ein höheres Risiko, an einer Herzerkrankung zu sterben. So hat ein Forscherteam der University of Pennsylvania 148 Millionen Tweets aus 1.347 US-Bezirken analysiert. Die Auswertungen ergaben, dass in jenen Bezirken, in denen eher positive Begriffe getwittert wurden, weniger Menschen an einer Herzerkrankung starben als in Bezirken, in denen die Sprache in den Twitter-Botschaften eher negativ war. 
So erschreckend diese Ergebnisse sind, sie zeigen auch auf, dass wir es selbst in der Hand haben – in mehrfacher Hinsicht: So können wir unserer Gesundheit Gutes tun, wenn wir auf negative Nachrichten verzichten – oder zumindest deren Konsum reduzieren. Damit nicht genug, wirkt es sich positiv auf unser Wohlbefinden aus, wenn wir selbst positive Dinge posten oder teilen. Und ganz nebenbei profitiert unser Umfeld davon, denn laut erwähnter Studie waren nicht nur diejenigen gefährdet, die die Negativ-Botschaften verbreiteten, sondern ebenso deren Umfeld.


Text: Christiane Mähr | Foto:  istockphoto/ DrAfter123, NIKLAS VON WURB-SEIBEL
Mehr zum Thema „Vom Minus ins Plus” und der Psychotest „Kann ich mit Krisen umgehen?” erfahren Sie in GESUND & LEBEN 04/22.

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Gesunder Darm, gesunder Körper?