Vorrang für Frottee!

Opa schrubbte sich mit dem Waschlappen die Haut wund. Dann kam dieser aus der Mode und in Verruf – als übelriechende Bakterienschleuder. In Zeiten knapper Energie feiert das Frotteeding sein Comeback. Was im Umgang zu beachten ist, erklärt eine Hygienikerin.

In Zeiten von „Duschgelisierung“, Regen- oder Wellness-Brausen wirkt der Waschlappen wie ein Fossil aus dem Museum des Lebens. Doch das ist nun Geschichte! Wegen der Gaskrise, der teuren Energie und des Trends zur Nachhaltigkeit greifen nun sogar Trendsetter wie Julia Roberts oder Brad Pitt zu dem plötzlich wieder smarten Stück Stoff. Es passt besser zur althergebrachten, handfesten Stückseife, die als „Bar“ ebenfalls eine Wiederauferstehung feiert.
Für alle (jungen) Angehörigen der Generationen Y und Z: Waschlappen sind rund 30 mal 30 Zentimeter große Frotteefetzen für den Körper. Sie werden auch Seif(en)-Tücher genannt und haben oft eine praktische Handschuhform. So schrubbt es sich besser. Das Charakteristische ist jedoch sein strenger Geruch: Wird der Waschlappen nicht richtig getrocknet beziehungsweise ausgewaschen, verwandelt er sich in ein Stinketextil.


Der Geruch der Kindheit

Das Odeur kennt auch Dipl.-Ing. Dr. Miranda Suchomel. Die Professorin für Hygiene und Dozentin am „Institut für Hygiene und Angewandte Immunologie – Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie“ der Medizinischen Universität Wien über den Grund: „Seifenreste im Waschlappen sind der ideale Nährboden für Mikroorganismen. Sie vermehren sich und produzieren einen übelriechenden Geruch. Er erinnert an fauliges Wasser und ist ein mögliches Signal für Schimmelbildung. Dann den Waschlappen bitte schnell austauschen.“

Dipl.-Ing. Dr. Miranda Suchomel, Professorin für Hygiene und Dozentin der Medizinischen Universität Wien

 

„Waschlappen-Sharing zwischen verschiedenen Menschen ist ebenso unhygienisch wie zwischen unterschiedlichen Körperregionen.“

Frotteefans müssen ihn jedoch nicht in die ewige Verbannung schicken, sondern einfach nur in die Waschmaschine werfen. „Bei mindestens 60 Grad heiß waschen und danach gut trocknen lassen“, erklärt Suchomel. Frisch und bakterienfrei ist der Waschlappen einer „normalen“ Dusche sogar überlegen: „Durch die mechanische Einwirkung beim Schrubben ist der Reinigungseffekt besser beziehungsweise gründlicher.“ Make-up lasse sich mit dem Tuch ebenfalls besser entfernen als mit bloßen Händen. Es tauge sogar zur Mehrfachnutzung. Wann Zeit für den Lappentausch ist? Ein Schnuppern verrät es – zuverlässig.

Waschlappen-Sharing kein Caring

Frottee-Sozialismus lehnt Suchomel jedoch entschieden ab: „Bitte den Waschlappen nicht mit Familienmitgliedern oder Mitbewohnerinnen beziehungsweise Mitbewohnern teilen.“ Die Unterscheidung zwischen verschiedenen Badbenutzerinnen und -benutzern klappe mit eingestickten Initialen: „Waschlappen-Sharing zwischen verschiedenen Menschen ist ebenso unhygienisch wie zwischen unterschiedlichen Körperregionen.“
Suchomel empfiehlt eine strenge Separierung der Seif-Tücher von Norden nach Süden. Am besten gelinge die Unterscheidung mit einem Farbcode: zum Beispiel einem blauen Waschlappen fürs Gesicht, einen grünen für den restlichen Körper und einen roten für den Genitalbereich.
Wie es die Hygiene-Expertin selbst in punkto Waschlappen hält? Suchomel erinnert sich an eine Kindheit in den Siebzigern, in der Wasser und Energie ebenfalls sparsam verwendet werden mussten. So teilten Geschwister das Badewasser – zeitgleich oder aber hintereinander: „Im direkten Vergleich ist der Waschlappen eindeutig hygienischer – bei richtigem Handling.“


Text: Karin Lehner | Fotos: iStock_ Aleksei Naumov; MedUni Wien/Matern

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