Das Geheimnis der blauen Zonen
Die Frage nach dem ewigen Leben beschäftigt Menschen schon immer. Unsterblichkeit kann man zwar nicht erlangen, aber dafür sorgen, ein hohes, gesundes Alter zu erreichen. Weltweit gibt es fünf Gegenden, in denen Menschen überdurchschnittlich alt werden – die sogenannten blauen Zonen.
Weniger Geburten und eine steigende Lebenserwartung: Der Anteil an Menschen, die älter als 60 Jahre sind, nimmt in der Gesellschaft zu. Diese sogenannte „Silver Society“ bringt neue Seiten des Älterwerdens mit sich: Abenteuer, Neugierde und Geselligkeit prägen den Lebensabschnitt. Ein langes Leben ist aber nicht automatisch mit Gesundheit und hoher Lebensqualität verbunden. „Bereits ab dem 30. Lebensjahr nimmt die Leistungsfähigkeit des Körpers ab; Fehler im Erbgut werden nicht mehr effizient behoben. Die Genetik kann zwar nicht verändert werden, aber der eigene Lebensstil sowie der bewusste Umgang mit Umweltfaktoren und damit die Art und Weise ‚Wie‘ wir altern schon“, erklärt Claudia Waidacher, Molekularbiologin bei Pure Encapsulations®.
Genetischer Einfluss unter 10 Prozent
Entgegen der Annahme, dass Langlebigkeit maßgeblich von den Genen beeinflusst wird, haben Studien der letzten Jahre gezeigt, dass der genetische Einfluss unter zehn Prozent liegt. Gesund zu altern liegt also zu einem großen Teil in unserer eigenen Hand. Das Älterwerden bringt Veränderungen in allen Bereichen des Lebens mit sich, von der körperlichen über die geistige bis hin zur sozialen, emotionalen und sexuellen Ebene. Die Herausforderung besteht darin, die guten Seiten des Älterwerdens zu maximieren und gleichzeitig proaktive Schritte zu unternehmen, um die Gesundheit zu erhalten. Die im Jahr 2005 identifizierten „blauen Zonen“ von Dan Buettner dienen dabei vielfach als Orientierung: Im japanischen Okinawa, der Provinz Ogliastra auf Sardinien, der Insel Ikaria in Griechenland, der Halbinsel Nicoya in Costa Rica und der kalifornischen Stadt Loma Linda leben im weltweiten Vergleich die meisten hundertjährigen Menschen. Dan Buettner fiel dabei auf, dass die Bewohnerinnen und Bewohner dieser fünf Orte neun Verhaltensweisen, die sogenannten „Power 9“ befolgen, die sich maßgeblich auf ihre Lebensspanne auswirken:
Natürliche Bewegung: Menschen in Blauen Zonen haben keine speziellen Fitnessprogramme, sondern integrieren Bewegung natürlich in ihren Alltag. Zum Beispiel durch Gartenarbeit, Spaziergänge oder Radfahren.
Zweck und Lebenssinn: Die Menschen haben klare Ziele im Leben und einen Sinn, der sie motiviert und ihnen ein Gefühl von Zugehörigkeit vermittelt.
Stressreduktion: Stressbewältigungstechniken wie regelmäßige Pausen, Meditation oder Gebetsrituale werden praktiziert.
Mäßiges Essen: Die Ernährung in den Blauen Zonen besteht hauptsächlich aus pflanzlichen Lebensmitteln wie Gemüse, Obst, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten und Nüssen. Der Fleischkonsum ist moderat und meist auf Fisch beschränkt.
Maßvolles Essen: Blaue Zonen-Kulturen praktizieren oft die Regel des „Hara Hachi Bu", bei der sie aufhören zu essen, wenn sie zu 80% satt sind. Dies trägt zur Kalorienkontrolle und zur Vermeidung von Überessen bei.
Pflanzliche Ernährung: Bohnen, insbesondere schwarze Bohnen, sind ein Hauptbestandteil der Ernährung in den Blauen Zonen. Sie sind reich an Ballaststoffen, Proteinen und Nährstoffen.
Mäßiger Alkoholkonsum: In den Blauen Zonen wird in Maßen Alkohol konsumiert, vor allem Rotwein, der antioxidative Verbindungen enthält.
Gemeinschaft und soziale Verbundenheit: Menschen in Blauen Zonen pflegen starke soziale Beziehungen, leben in engen Gemeinschaften und unterstützen sich gegenseitig.
Spirituelle Praktiken: Glaube und spirituelle Praktiken spielen in den Blauen Zonen eine wichtige Rolle und bieten den Menschen Trost, Hoffnung und Gemeinschaft.
Daneben haben die blauen Zonen eine weitere Gemeinsamkeit: „Sie liegen alle in geografischer Nähe zum Meer und haben damit ganzjährig Zugang zu frischem Meeresfisch, der reich an den essenziellen Omega-3-Fettsäuren ist“, so Claudia Waidacher.
Blaue Zone Österreich
Wie bei allem lässt sich auch beim gesunden Älterwerden mit kleinen Schritten viel erreichen. Vorsorge ist dabei besser als Nachsorge. Deshalb sollte man am besten schon in jungen Jahren auf die Ernährung und Mikronährstoffversorgung achten. Denn in bestimmten Lebenssituationen, wie in der Schwangerschaft oder während intensiver Trainingsphasen, ist der Mikronährstoffbedarf erhöht. Gleichzeitig kann der Körper im Laufe des Lebens gewisse Nährstoffe nicht mehr so gut aufnehmen bzw. synthetisieren. „Besonders wichtig sind: Vitamin D, Coenzym Q10, B Vitamine und Magnesium. Vitamin D und Magnesium unterstützen die Muskelfunktion. B Vitamine greifen den Nerven und der Psyche unter die Arme“, erklärt Waidacher. Neben der Ernährung ist auch ein generell gesunder Lebensstil daran beteiligt, wie man sich im Alter fühlt. Bewegung, Stressbalance und Schlafroutinen sollten täglich eingehalten werden. Zudem sind das Gehirn und der Bewegungsapparat gefordert, damit man sich ein Leben lang fit und agil fühlt. Dabei sollte man klein anfangen und immer mehr gute Routinen in den Tagesablauf einbauen.
Text: Michaela Neubauer | Fotos: © Stocksy Alba Vitta, © Promedico