Gefährliche Selbstdiagnosen durch Internet-Recherche: Cyberchondrie im Fokus

Wer im Internet sucht, der findet – und zwar mindestens eine Krankheit für ein Symptom. GESUND & LEBEN zeigt, warum Online-Recherchen hypochondrische Neigungen verstärken können und was man dagegen tun kann.

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Von der harmlosen Internet-Suche hin zur krankhaften Selbstdiagnose

Es gibt vermutlich kaum jemanden, der es noch nie getan hat, denn: Die Verlockung, digitale Suchmaschinen mit etwaigen persönlichen Krankheitssymptomen zu „füttern“, ist durch die omnipräsente Verfügbarkeit von geballtem medizinischem Wissen im Netz schlichtweg zu groß. Wenn sich Widerstand als zwecklos entpuppt, kommt es – wie wohl bei jeder Versuchung – auf die Dosis an, denn wer es übertreibt, läuft Gefahr, zu einem digitalen Hypochonder zu werden.

Expertinnen und Experten sprechen in diesem Zusammenhang von der „Cyberchondrie“, einem Phänomen, das in den letzten Jahren immer häufiger beobachtet werden konnte und spätestens seit der Corona-Pandemie angeheizt wurde. Dabei handelt es sich um eine Kreation aus den Begriffen „cyber“ und „Hypochondrie“, hinter der – so diagnostiziert – eine ernst zu nehmende psychische Störung steckt.

„Betroffene, die ohnehin schon hypochondrische Tendenzen besitzen, also sich ständig davor fürchten, krank zu werden und selbst harmlose Symptome fehlinterpretieren, verstärken ihre Ängste durch das Durchforsten von Internetportalen und werden zu sogenannten ,Cyberchondern‘“, erklärt Dr. Peter Stippl, Vizepräsident des Österreichischen Bundesverbands für Psychotherapie (ÖBVP).

Gerade der Lockdown und die dadurch ausgelöste generelle Verunsicherung durch die oft widersprüchlichen Informationen zu Covid-19 haben nach Angaben des Psychotherapeuten verunsichert und „noch mehr Verängstigte ins Internet getrieben, wo sie die Antworten, die sie erhofft haben, nicht fanden.“ Nicht zuletzt Kinder und Jugendliche seien zum Teil durch die Corona-bedingten sozialen Isolationsmaßnahmen sowie mediale Berichte über die Krisen- und Kriegsschauplätze der Welt emotional belastet und besonders gefährdet, „wenig seriöse Seiten mit Geschäftsinteressen im Internet zu besuchen.“

 

„Morbus Google“ führt zu Stress

Eingebildet krank zu sein – das sollten Außenstehende nicht augenzwinkernd betrachten, denn die (vermeintliche) Selbstdiagnose kann mitunter zu Angst- und Zwangsstörungen mit all ihren Symptomen führen. Panikzustände etwa setzen das Stresshormon Cortisol frei, wodurch das Herz rast, der Blutdruck steigt, die Muskeln sich verspannen und der Schlaf gestört wird. Der Gedankenkreislauf rund um Krankheit und Körper ist kaum zu stoppen und wird durch die süchtig machende Internetrecherche genährt.

 

Hypochondrie oder Cyberchondrie

Krank vor Sorge wird aber freilich nicht jeder, der sich im Internet über Symptome und Erkrankungen informiert. Zwar kann die digitale Fundgrube – aufgrund des oft nicht durchschaubaren Wahrheitsgehalts – auch bei Personen, die sich ansonsten nicht kränker als notwendig machen, Unsicherheiten schüren. Der Unterschied liegt aber im Detail: Cyberchonder schenken anhaltend kleinsten körperlichen Veränderungen große Aufmerksamkeit, konsultieren bei Beschwerden zuerst – und zwanghaft – Dr. Google, bevor sie sich in das Wartezimmer ihres Hausarztes begeben und lassen sich selbst von ergebnislos durchgeführten Untersuchungen nicht vom Gegenteil überzeugen. Sie halten vielmehr an der Meinung, (schwer) krank zu sein, fest, bezichtigen Ärztinnen und Ärzte oft fälschlicherweise der Scharlatanerie und klicken sich weiter – vom Harmlosen zum Schlimmsten.

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Text: Carolin Rosmann


 

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