Psychokardiologie: Warum sich der Gesundheitszustand des Herzens auf die Psyche auswirkt
Nach Herzoperationen oder einem Herzinfarkt leidet die Psyche. Depressionen und die Angst vor einem erneuten Herzvorfall reduzieren die Lebensqualität und stellen ein Gesundheitsrisiko dar. GESUND & LEBEN fragt bei Internisten und Kardiologen nach dem Zusammenhang zwischen Psychologie und Kardiologie und warum sich der Gesundheitszustand des Herzens auf die Psyche auswirkt.
Der Sitz der Gefühle wird seit jeher im Herzen vermutet. Auch in Religion und Dichtung hat das Herz eine große Bedeutung. So hat Novalis (1772–1801), ein deutscher Schriftsteller und Philosoph der Frühromantik, den Aphorismus „Das Herz ist der Schlüssel des Lebens und der Welt“ geprägt. In der Umgangssprache findet die enge Beziehung zwischen Herz und Gefühlen in Redewendungen wie „Sich etwas zu Herzen nehmen“, „Dem Herzen einen Stoß geben“ oder „Jemandem bricht das Herz“ ihren Ausdruck.
Koronare Herzkrankheit
In unserem Organismus ist das Herz ein lebenswichtiges Organ: Es schlägt rund 100.000-mal am Tag und hält wie ein Motor den Blutkreislauf aufrecht. Kann das Herz nicht mehr ausreichend mit sauerstoffreichem Blut versorgt werden, weil die Herzkranzgefäße verengt sind, spricht man von der koronaren Herzkrankheit. Sie ist weltweit eine der häufigsten Todesursachen und zählt in Österreich zu den Volkskrankheiten. Die koronare Herzkrankheit wird durch Ablagerungen in den Gefäßwänden verursacht. Die krankhafte Gefäßveränderung wird medizinisch als Arteriosklerose bezeichnet, umgangssprachlich ist sie als Gefäßverkalkung bekannt. Zu den bekannten Risikofaktoren zählen unter anderem Bluthochdruck, erhöhte LDL-Cholesterinwerte, Bewegungsmangel, Diabetes, starkes Übergewicht und Zigarettenkonsum.
Psychokardiologie - eine Symbiose aus Kardiologie und Psychologie
Medizinisch wird der Psyche neben den klassischen Risikofaktoren zunehmend Beachtung geschenkt. Die relativ junge medizinische Disziplin der Psychokardiologie beschäftigt sich mit dem Zusammenspiel zwischen Psyche und Herz. Denn Stress, Ängste und Depressionen können sich negativ auf die Herzgesundheit auswirken.
Forschungsergebnisse zeigen, dass eine Depression das Herzinfarktrisiko bei gesunden Menschen erhöht. Ebenso kann ein Herzvorfall mit längerem Spitalsaufenthalt die Psyche massiv aus dem Gleichgewicht bringen.
„Menschen, die einen Infarkt hatten, erleben es wie einen Blitzschlag. Sie werden plötzlich aus dem Leben gerissen“, sagt Dr. Johannes Mikl, Internist und ärztlicher Leiter des Rehabilitationszentrums Felbring, in dem Herz-Kreislauf-Patientinnen und -Patienten mit seelischen Beschwerden ein sechswöchiges psychokardiologisches Therapieprogramm durchlaufen. „Der Verlust der Unverwundbarkeit wird als großer Einschnitt erlebt. Waren die Betroffenen zuvor noch überzeugt, alles schaffen zu können, erleben sich viele auf einmal als ‚Armutschkerl‘, das auf Ärzte und Medikamente angewiesen ist.
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Text: Jacqueline Kacetl